Ian McKellen, was hat Sie am neuen Film über Sherlock Holmes gereizt?
In erster Linie der Regisseur Bill Condon, mit dem ich schon 1998 für «Gods and Monsters» zusammengearbeitet habe. Er rief mich an und sagte, er werde einen Film machen und hätte mich gerne dafür. Ich sagte Ja, bevor ich wusste, um was es ging (lacht). Wäre der Detektiv Sherlock Holmes eine reale Figur wie es Filmregisseur James Whale in «Gods and Monsters» war, könnte man sogar sagen, dass die beiden Filme sich recht ähnlich sind. Sie zeigen Männer am Ende ihres Lebens, die zurückschauen – teils mit gewissem Bedauern, teils aber auch mit Stolz.
Holmes wurde schon so oft gespielt. Haben Sie sich andere Darstellungen angesehen oder das sogar bewusst vermieden?
Ich habe schon viele oft gespielte Figuren dargestellt: Hamlet, Macbeth, King Lear, Romeo. In diesem Fall ist es ein bisschen anders, weil bei Holmes immer wieder andere Geschichten erzählt werden. Und ich konnte mit den Erinnerungen der Menschen an andere Holmes-Darstellungen spielen, ihre Existenz ist also ein Vorteil für mich. Ausserdem ist mein 93-jähriger Holmes eine Version, die es noch nie gab. Gleichzeitig konnte ich in den Rückblenden aber auch den klassischen Detektiv spielen, wie man ihn kennt. Und natürlich fragt man sich dann: Soll ich mir die anderen anschauen oder nicht?
Und, haben Sie?
Nein. Aber dieselbe Frage stellt sich mir im Moment für mein nächstes Projekt «The Dresser». Da geht es um einen alten Schauspieler und seinen Ankleider, ich spiele den Ankleider, Anthony Hopkins den Schauspieler. Ich habe die Rolle übernommen, weil ich gerne mal mit Hopkins spielen wollte. Aber auch da gibt es schon eine Filmversion von 1983 mit Albert Finney und Tom Courteney, und ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich online danach suche und mich frage, ob ich mir nicht doch ansehen sollte, wie Tom mit dieser oder jener Szene umgegangen ist. Es ist einfach da, und ich müsste nur die Taste drücken … vermutlich werde ich es irgendwann tun. Aber letztlich will man ja nie das Klischee spielen, bei keiner Rolle. Man versucht also, sich eine oft dargestellte Figur auf besondere Weise anzueignen. Es wäre ja auch albern, wenn ich versucht hätte, Holmes so zu spielen wie Benedict Cumberbatch, Basil Rathbone oder Robert Downey Jr. Das könnte ich auch gar nicht.