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Umweltsünder Auto

Diesel ist fürs Klima besser als Benzin

In Deutschland und auch in Genf werden derzeit Fahrverbote für ältere Dieselautos geprüft. Aber sind Dieselmotoren tatsächlich so schlimm? Christian Bach, Experte für Fahrzeugantriebe bei der Empa, zeigt die Fakten auf.

Text Andrea Freiermuth
Datum
Was schadet dem Klima weniger? Diesel oder Benzin

Die Luft in der Schweiz ist mancherorts gar nicht gut: An Verkehrsachsen und zentralen Lagen wird der Grenzwert von 30 Mikrogramm Stickstoffoxid pro Kubikmeter regelmässig überschritten. Das ergaben Messungen, die der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) im Januar und Februar an fünf verschiedenen Messstationen durchgeführt hat.

Einer der Hauptverursacher hoher Stickoxidbelastung ist der Dieselantrieb. Zu seinem schlechten Ruf hat auch der Skandal um manipulierte Abgaswerte von Dieselautos beigetragen. Dank einer extra auf diesen Zweck getrimmten Steuersoftware produzierten die Autos im Labortest bis zu zehn Mal weniger Abgase als im Alltagsgebrauch.

Diesel ist besser als sein Ruf

1140 vorzeitige Todesfälle in der Schweiz waren 2013 laut der Europäischen Umweltagentur auf Stickoxide zurückzuführen. Damit seien Dieselabgase für ähnlich viele Tote verantwortlich wie Verkehrsunfälle, rechnete die «Sonntagszeitung» kürzlich vor. Was dabei vergessen geht: Auch Feinstaub ist ungesund, und davon produzieren Benziner mehr als Dieselfahrzeuge. Zudem wird der Grenzwert für Feinstaub regelmässig überschritten.

«Diesel ist besser als sein Ruf», sagt Christian Bach (55), Experte für Fahrzeugantriebe der Eidgenössischen Forschungsanstalt Empa. «Er verursacht weniger Kohlendioxid (CO2) als Benzin.» Das Treibhausgas sei mittelfristig das grössere Problem als die Stickoxide, aber CO2 sei eben für das globale Klima schädlich – und nicht unmittelbar für die eigene Gesundheit.

4,6 Millionen

So sieht der Schweizer Fahrzeugpark aus

4,6 Millionen Personenfahrzeuge waren im vergangenen Jahr schweizweit immatrikuliert. Das heisst, rund jede zweite Person in der Schweiz besitzt ein Auto.

29 Prozent der PWs sind mit einem Dieselantrieb unterwegs, 68 Prozent mit Benzin. Die Zahl der Elektroautos liegt noch immer unter 1 Prozent.

2 Millionen Elektromobile sollen laut einer Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz 2035 auf Schweizer Strassen unterwegs sein.

Quellen: BFS, FHNW

Diesel versus Benzin: 8 Fakten

1. Ist Diesel dreckiger als Benzin?

Betrachtet man nur die Stickoxidemissionen (NOx), dann ist dem tatsächlich so: Dieselfahrzeuge stossen im Vergleich zu Benzinern bis zu zehn Mal mehr NOx aus. Benzinautos erzeugen allerdings bis zu 20 Prozent mehr Kohlendioxid (CO2) und ausserdem mehr Feinstaub. Dazu kommen noch die sekundär gebildeten Partikel. Diese kommen nicht direkt aus dem Auspuff, sondern entstehen erst später in der Aussenluft, wenn die Abgase der Benziner chemisch reagieren.

2. Sind Stickoxide schädlicher als Russpartikel?

Stickoxide sind Reizgase, die zu Bronchitis oder Husten führen können. Russpartikel gelten jedoch allgemein als schädlicher, da sie sich tief in der Lunge festsetzen und Krebsverursachen können.

3. Weshalb erzeugt Diesel weniger Kohlendioxid als Benzin?

Der Dieselmotor verbrennt den Treibstoff etwas effizienter als Benziner und kann so die darin enthaltene Energie besser nutzen. Der Preis dafür ist allerdings, dass die Stickoxide nicht wie beim Benziner durch einen vergleichsweise einfachen Katalysator umgewandelt werden können.

4. Droht ein Fahrverbot für Diesel?

In 28 deutschen Städten prüft man die Einführung von Fahrverboten für ältere Dieselfahrzeuge. Ob hierzulande ein Verbot durchgesetzt werden kann, ist schwer abzuschätzen. Ältere Dieselfahrzeuge, insbesondere solche ohne Partikelfilter, sollten aber aus lufthygienischer Sicht tatsächlich nicht in Städten eingesetzt werden.

5. Wie könnte man das Dieselproblem ohne Fahrverbot lösen?

Die effektivste Möglichkeit wäre, nur noch Fahrzeuge in Verkehr zu bringen, die so sauber wie möglich sind. Auch eine höhere Besteuerung von älteren Dieselfahrzeugen wäre denkbar, so würde sich der Fahrzeugpark wahrscheinlich schneller erneuern.

Benziner stossen andere Abgase aus als Dieselantriebe

Giftige Abgase: Benziner stossen andere Abgase aus als Dieselantriebe – aber nicht unbedingt bessere.

6. Was sollte man beachten, wenn man ein neues Auto kauft?

Nicht alle Autos, die heute neu in Verkehr gesetzt werden dürfen, sind auf dem höchsten Stand der Technik. Eine Orientierung bieten die Euro-Normen. Die Empa empfiehlt, Dieselfahrzeuge nur dann zu kaufen, wenn sie nach Euro 6d-Temp oder Euro 6d zugelassen sind. Diese beiden Normen beruhen nicht nur auf einem Labortest, sondern auch auf einer Abgasmessung im Alltagsgebrauch. Für Benziner rät die Empa, nur Modelle ab Euro 6c zu kaufen. Sie haben entweder niedrige Partikelemissionen oder einen Partikelfilter und verursachen damit nur wenig Feinstaub.

7. Welche Alternativen zu Benzin- und Dieselautos gibt es?

Elektro- und Gasautos haben wesentlich niedrigere bis gar keine Schadstoff- und niedrigere CO2-Emissionen. Wer die Fahrzeuge dann noch mit Ökostrom beziehungsweise Biogas betreibt, ist deutlich sauberer unterwegs als mit Benzin oder Diesel. Die Empa sieht den Elektroantrieb im Pendler-, Stadt- und Kurzstreckenbetrieb im Vorteil. Für Langstrecken sowie bei Gewerbe- und Lastanwendungen empfiehlt sie Gasantrieb.

8. Was kann man tun, wenn man das alte Auto nicht durch ein neues ersetzen will oder kann?

Fahren Sie damit nicht in Städte und lassen Sie das Auto öfters mal stehen. Vermeiden Sie vor allem kurze Fahrten: Kalte Motoren erzeugen überdurchschnittlich viele Schadstoffe. Beim Benziner etwa werden beim Kaltstart auf dem ersten Kilometer genauso viel Schadstoffe in die Luft geblasen, wie auf über 1000 Kilometern mit warmem Motor. Das Sparpotenzial ist enorm, wenn man bedenkt, dass fast die Hälfte aller Autofahrten nicht mehr als fünf Kilometer lang sind.

Quellen: Empa, BAFU, BFS

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