Auf den ersten Blick könnte die kleine Schar Menschen, die an diesem heissen Sommertag auf dem Feldweg vom Restaurant Zehendermätteli Richtung Aareufer unterwegs ist, auch einfach etwas Abkühlung suchen. Der Fluss ist tatsächlich das Ziel der rund 30 Personen, aber nicht zur Erfrischung, sondern um Abschied zu nehmen.
An der Spitze der Gruppe geht Daniel Stucki, in den Händen eine Urne mit der Asche seiner Mutter, die zwölf Tage zuvor 88-jährig im Altersheim gestorben ist. Kurz hinter ihm folgen seine Schwester und sein Vater, für dessen Rollstuhl der Feldweg eine Herausforderung ist. Am Ufer angekommen, verteilt sich die Trauergemeinde im Halbkreis um die Urne, die auf einem Holzschemel direkt am Wasser ruht – ein Ort, der sonst ein beliebtes Ausflugsziel nördlich von Bern ist. Einige stehen, andere setzen sich auf die Böschung, die zahlreichen Bäume spenden reichlich Schatten.
Stucki spricht ein paar einleitende Worte und übergibt dann an die Trauerrednerin San Graf, die durch die Zeremonie führt und das Leben der Verstorbenen Revue passieren lässt. Es gibt Momente, die zu Tränen rühren, aber auch solche, die bei manchen ein Lächeln auslösen. Ab und zu treiben auf dem Fluss gut gelaunte Schwimmer vorbei. «Wir waren quasi mitten im Leben, eins war gerade zu Ende gegangen, anderes schwamm da draussen fröhlich vorbei», sagt Daniel Stucki nach der Trauerfeier. Die Urne der Mutter soll erst nach dem Tod des Vaters zusammen mit seiner in ein Schweizer Gewässer gegeben werden, wo sich beide Urnen dann nach und nach auflösen.