«Gar nicht so schlecht für einen Bürogummi»
Dominik Véron arbeitet normalerweise in der Direktion Kommunikation & Medien des Migros-Genossenschafts-Bundes und hilft nun in der Filiale aus.
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Als die Filialen von Kunden überrannt wurden, beschlossen diverse Mitarbeitende aus den verschiedensten Bereichen der Migros ihre Kollegen und Kolleginnen im Supermarkt zu unterstützen. Wir haben vier von ihnen bei ihren Einsätzen in den Filialen begleitet.
Dominik Véron arbeitet normalerweise in der Direktion Kommunikation & Medien des Migros-Genossenschafts-Bundes und hilft nun in der Filiale aus.
Dominik Véron
Mitte März erreichten die Hamsterkäufe in den Migros-Filialen einen ersten Höhepunkt und zahlreiche MGB-Mitarbeitende arbeiteten bereits im Homeoffice. Auch Dominik Véron war einer von ihnen. Normalerweise kümmert er sich um die Nachhaltigkeitskommunikation der Migros. «Wir hatten gerade beschlossen, dass wir unsere Kommunikationsaktivitäten wegen der Coronakrise vorübergehend reduzieren», erzählt er. «Ich sass zuhause in Bern vor dem Bildschirm und fühlte mich angesichts des Kundenansturms in den Filialen ein bisschen nutzlos.»
Kurzerhand entschloss er sich, Migros-Filialen anzufragen, ob sie Unterstützung brauchen. «Ich nahm mein Telefon und rief die Filialen einfach an. Das war nicht der offizielle Weg», sagt er heute lachend. Schlussendlich wurde sein Einsatz von der Betriebszentrale der Migros Aare koordiniert. Dominik arbeitete in der Folge in drei verschiedenen Filialen in der Region Bern. «Ich habe zum Beispiel in der Früchte- und Gemüseabteilung Nachschub aufgefüllt, unter Anleitung eines Lernenden im ersten Lehrjahr. Dabei habe ICH mich gefühlt, wie ein Lehrling am ersten Arbeitstag. Die Leiterin der Abteilung meinte dann glücklicherweise, ich mache das gar nicht so schlecht für einen Bürogummi», grinst er.
Das Engagement der Filialmitarbeitenden hat ihn schwer beeindruckt. «Ich hatte schon immer eine hohe Meinung von den Kolleginnen und Kollegen an der Front. Aber was sie im Moment leisten, ist unglaublich.» Der Zusammenhalt sei gross und trotz der stressigen Umstände und teilweise schwieriger Kundschaft sei die Stimmung gut gewesen. Spannend war für ihn auch der Blick hinter die Kulissen einer Filiale. «Alles ist top organisiert und läuft wie eine gut geölte Maschine. Anders wäre so eine Krise auch nicht zu bewältigen», meint er.
Nach drei Tagen war sein Einsatz dann auch schon wieder beendet, er wurde im «Büro» wieder gebraucht. «Ich helfe im Community Management aus, das zurzeit sehr stark gefordert ist.» Dort muss er sich auch nicht mehr wie ein Lernender fühlen, denn schliesslich hat er seine berufliche Laufbahn bei der Migros in diesem Bereich gestartet.
Fitness-Instruktorin Nicole Massa (23) arbeitet seit drei Wochen in einer Migrosfiliale und entlastet so ihre Kollegen an der Front. Für Massa ist der Einsatz eine Selbstverständlichkeit.
Nicole Massa
Das Aus kam für Nicole Massa (23) aus dem Nichts. Am Freitag, 13. März, verhängte der Bundesrat in der Schweiz wegen des Corona-Virus Notrecht, am nächsten Tag war das ONE-Fitnesscenter in Altdorf UR zu. Nicole Massa arbeitet dort seit gut zwei Jahren als Fitness-Instruktorin. Was nun?
«Die erste Woche gingen wir jeweils vier Stunden ins Zentrum, haben geputzt und umgestellt», erklärt sie. Dann kam die Anfrage der Migros, ob sie in der Filiale aushelfen könnte. Wegen Hamsterkäufen kamen die Angestellten mit Nachfüllen der Regale kaum noch nach.
Massa hat spontan zugesagt. «Es wäre mir nicht in den Sinn gekommen, nicht mitzuhelfen», so die 23-Jährige. Seither räumt sie in der Migros-Filiale in Altdorf Gestelle ein oder schaut am Eingang dafür, dass nicht zu viele Kunden ins Geschäft drängen. Die neue Arbeit gefällt Massa gut, die ersten beiden Wochen waren super, sagt sie. Sie schätzt die Abwechslung. Einzig, wenn sie stundenlang vor dem Laden steht und sich beim Kundenzählen kaum bewegen kann, findet sie die neue Arbeit etwas streng.
Wird aus der Fitness-Instruktorin jetzt gar eine Verkäuferin? «Nein», sagt Massa, «es ist eine interessante Erfahrung, bei der ich Einblick in den Filialalltag bekomme». Sobald das ONE-Trainingscenter wieder aufsperren darf, will sie ihren gelernten Beruf gerne wieder ausüben.
Seli Dikilitas arbeitet normalerweise als Badmeister im Säntispark. Weil das Bäder- und Freizeitzentrum der Migros aktuell geschlossen ist, hilft er im Supermarkt in Frauenfeld aus. Eine bereichernde Erfahrung.
Seli Dikilitas
Seli Dikilitas schaut auf das Gurkenglas vor ihm, dann ins Gestell, dann nochmals aufs Gurkenglas. «Wir sind dauernd am Suchen, was überhaupt wohin gehört», sagt er mit einem Schmunzeln. Es ist sein erster Tag in der Migros Multiplex in Frauenfeld. Dieser Supermarkt gehört zu den kleineren, die aktuell bei den Kunden besonders beliebt sind. Das Team in Frauenfeld ist deshalb auf die Hilfe von Mitarbeitenden aus anderen Migros-Bereichen angewiesen.
Seli Dikilitas war in den vergangenen Wochen noch im Säntispark mit internen Revisionsarbeiten beschäftigt, für die Osterwoche wurde er nach Frauenfeld eingeteilt. An seinem ersten Tag arbeitet er nicht in der rot-orangen Migros-Arbeitskleidung: «In meiner Grösse hatten sie hier keine mehr, aber das macht nichts», sagt er und zuckt mit seinen kräftigen Schultern.
Im Supermarkt Unterstützung zu leisten, ist für den Badmeister eine lehrreiche Erfahrung. «Es ist etwas komplett Anderes. Ich finde es spannend, diesen Bereich der Migros einmal kennenzulernen.» Die vielen leeren Gestelle zeigten, dass er gebraucht werde. Schon nach wenigen Stunden ist für Seli Dikilitas auch klar: Das Auffüllen ist körperlich anstrengend.
«Meine Wertschätzung für die Supermarkt-Mitarbeitenden, die das tagtäglich machen, ist durch diese Erfahrung gestiegen.» Den Job für immer tauschen würde er trotzdem auf keinen Fall. «Wir haben im Säntispark Gäste, keine Kunden», sagt er und spricht damit den Kontakt an, der in einer Freizeitanlage ein ganz anderer ist als in einem Supermarkt. Er freue sich schon jetzt darauf, die vielen Stammgäste wieder im Säntispark begrüssen zu dürfen.
Sonia Carpentier, 35, Leiterin der melectronics-Filiale in Monthey (VS), hilft in verschiedenen Filialen tatkräftig aus.
Sonia Carpentier
Normalerweise muss Sonia Carpentier, die Leiterin des melectronics in Monthey, nur ein paar Schritte zwischen ihrer Wohnung und ihrem Arbeitsplatz gehen. «Ich wohne über dem Laden, das ist praktisch», gibt sie zu. Seit dem 16. März, als die Filiale geschlossen wurde, hat sich der Weg der Teamleiterin jedoch um einige Kilometer verlängert. Denn für Sonia Carpentier kam es nicht in Frage, mitten in einer Epidemie mit verschränkten Armen zu Hause zu sitzen.
«Je nach Bedarf werde ich in den Migros-Filialen in Le Bouveret und Martigny mithelfen. Nächste Woche werde ich in Collombey sein». Da die Mittdreissigerin bereits in der Vergangenheit in Supermärkten gearbeitet hat, ist sie in verschiedenen Bereichen eine grosse Hilfe. «Ich bin überall, etwa beim Kundendienst, wenn es Rückgaben gibt, oder an der Kasse.» Das Einzige, womit sie manchmal ein Problem hat, ist das Auffüllen der Regale. «Da ich das Layout der Geschäfte nicht kenne, verschwende ich manchmal Zeit damit, den richtigen Platz für ein bestimmtes Produkt zu finden. Das ist normal, ich weiss, aber ich würde gerne schneller sein, um mich nützlicher zu fühlen».
Darüber hinaus kümmert sich Sonia Carpentier um die Einsatz-Planung der Mitarbeiter, die für die Desinfektion der Geschäfte zuständig sind. Sie leitet weiterhin ihr Team von fünf Mitarbeitern und sorgt dafür, dass auch die sich in anderen Bereichen nützlich machen.
Und selbstverständlich findet die Motorradfahrerin auch immer noch Zeit, die Anrufe von Kunden an die melectronic-Filialen in Monthey und Martigny zu beantworten. «Wenn sie Fragen zu einer Bestellung oder einem defekten Gerät haben, bin ich für sie da», erklärt sie. Was ihr am meisten fehlt, ist der Kontakt zu den Kunden Ihrer melectronics-Filale.