Sandra Weiss

Ingenieurin Sandra Weiss

Sie halbiert Blévita-Maschinen

Sandra Weiss ist Ingenieurin und eine brillante Maschinenbauerin: Beim Migros-Betrieb Midor verkleinert sie komplizierte Produktionsanlagen.

Von
Michael West
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Die 34-jährige Spezialistin versteht nicht nur viel von Fabriken, sie findet sie auch schön: «Ich liebe Förderbänder, riesige Silos und saubere Schweissnähte», sagt Sandra Weiss. Sie steht in einer Maschinenhalle ihrer Arbeitgeberin, der Migros-Tochter Midor, und betrachtet eine Anlage, die ihr besonders gut gefällt: Das Gebilde aus Chromstahl und Plexiglas produziert Blévita-Sandwiches – doppelte Biskuits oder Cracker, die eine süsse oder würzige Cremefüllung enthalten.

Früher hatte die Anlage eine stolze Länge von rund 50 Metern. Ende des vergangenen Jahres wurde die komplexe Maschinerie nicht nur in einen anderen Teil der Fabrik verschoben, sondern auch auf 25 Meter verkürzt. Denn der Traditionsbetrieb Midor in Meilen ZH erweitert seinen Maschinenpark, will das aber in den bestehenden Gebäuden tun.

Ein ganzes Orchester aus Apparaten

Ingenieurin Weiss fasste den kniffligen Auftrag, die Anlage zu schrumpfen. Am Anfang schien das fast unmöglich. Denn es handelt sich um ein perfekt eingespieltes Ensemble aus vielen Apparaten. Ein Riesenmixer vermengt die Zutaten für die Cremefüllung; eine weitere Maschine bestreicht ein Biskuit oder einen Cracker mit einer genau abgemessenen Portion der Füllmasse; dann landet darauf punktgenau der Deckel. Die doppelstöckigen Blévitas werden kurz gekühlt, um die Füllung zu härten, und am Ende verkaufsfertig verpackt.

Hunderte Blévita in einer Maschine


Sandra Weiss löste die Aufgabe, indem sie quasi die komplette Anlage zusammenfaltete: Was früher eine schnurgerade Produktionsstrasse war, besteht jetzt aus einzelnen Abschnitten, die parallel angeordnet und durch Förderbandkurven miteinander verbunden sind. Doch ein Problem blieb: Die Maschinerie versperrte am neuen Standort eine Fahrbahn, auf der kleine Elektrovehikel verkehren. Weiss fand eine originelle Lösung: Ein Teil der Anlage steht auf Rollen und lässt sich abkoppeln. Man kann ihn einfach wegschieben, um die Spur freizugeben.

Zur Ingenieurin geboren

Wie kommt die Spezialistin auf solch clevere Ideen? «Es half mir, Gespräche mit ganz verschiedenen Berufsleuten zu führen», erklärt sie. «Ich tauschte mich nicht nur mit anderen Ingenieuren aus, sondern auch mit Elektrikern, Logistikern und vor allem mit den Leuten, die diese Anlage regelmässig bedienen und sie darum am besten kennen.» Beim Lösen technischer Probleme hilft ihr auch Sport: Sie macht Yoga und Karate und wandert in den Glarner Alpen. «Wenn ich mich körperlich anstrenge, kommen oft auch meine Gedanken in Bewegung.»

«Im Studium gab es keine Kluft zwischen den Geschlechtern.»

Sandra Weiss (34), Ingenieurin


Dass Sandra Weiss über eine besondere Begabung verfügt, zeigte sich schon während ihrer Kindheit, die sie im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen verbrachte. Ob sie sich nun mit Kuscheltieren und Barbiepuppen beschäftigte oder etwas aus Lego konstruierte: Stets waren die Spiele nicht nur fantasievoll, sondern auch sorgfältig organisiert. Ihre jüngere Schwester spannte sie dabei oft als Hilfskraft ein.

Später dann, am Gymnasium, brillierte Sandra in den Fächern Mathematik und Physik. Trotzdem hatte ihre Mutter Bedenken, als sie Maschinenbau studieren wollte: Das sei doch eine Männerdomäne, in diesem Beruf werde sie als junge Frau Mühe haben. Aber die Tochter liess sich nicht ausbremsen und zog ihr Traumstudium an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg durch. In ihrem Jahrgang gab es über hundert Männer und nur fünfzehn Frauen. Doch blöde Sprüche habe sie sich nie anhören müssen: «Im Studium gab es keine Kluft zwischen den Geschlechtern, Studenten und Studentinnen begeisterten sich gleichermassen für Technik.» Sie teilten eine Leidenschaft, die Sandra Weiss bis heute antreibt. Darum machen ihr sogar Aufgaben Spass, die scheinbar unmöglich sind.

Mint-Berufe: Frauen gesucht

Die Schweizer Wirtschaft braucht dringend mehr weibliche Fachkräfte in Berufen, die mit Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (Mint) zu tun haben. In der Schweiz repräsentieren Frauen nur gerade 20 Prozent aller Bildungsabschlüsse in diesem Bereich.

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