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Jury-Test

Was taugen fleischlose Burger?

Immer mehr Detailhändler und Restaurants bieten pflanzenbasierte Hamburger an. Wir haben fünf Produkte von einer Expertenjury testen lassen, darunter auch einen Migusto-Burger zum Selbermachen. Am Schluss fanden (fast) alle einen, der sie überzeugte.

Text Ralf Kaminski, Dinah Leuenberger
Fotos Jorma Müller
Datum
Die sechs Testesser bereiten sich auf den Burger-Test vor

Fünf Burger und sechs Tester am Gottlieb Duttweiler Institut: Das Migros-Magazin wollte wissen, was Food-Experten von pflanzenbasierten Burgern halten.

Die einen essen sich durch Sternerestaurants, die anderen durch neu entwickelte Produkte: Testessen sind unsere sechs Jury-Mitglieder gewohnt. Aber einen Test wie den heutigen, haben sie alle noch nicht erlebt: Es gibt Burger. Und zwar gleich fünf Stück. Okay, fünf halbe Burger, aber auch das ist eine ordentliche Menge. Das Besondere an diesen Burgern: Sie sehen echt aus und sollen auch so schmecken – aber keiner davon enthält Fleisch. 

Viele Burger entstehen

Unsere FachjuryIm trifft sich an einem windigen Samstagmittag im Juni im Gottlieb Duttweiler Institut, wo regelmässig Foodtrends analysiert und studiert werden. Die Food-Experten sind informiert, dass pflanzenbasierte Burger getestet werden. Weitere Details kennt sie nicht. Im grossen Saal und – dank Corona – in höflicher Distanz, wird gefachsimpelt. Wer hat denn schon einen fleischlosen Burger gegessen? Einige nicken. Andere essen eher selten Burger – egal, was zwischen den Brötchen klemmt. Und wieder andere ernähren sich generell vegan. 

 

Ein Burger ensteht

Aus der nahen Küche rumort es. Nicht nur Migusto-Koch Jean Philipp Wagner, der die Burger zubereitet, ist am Werk, sondern auch das Migros-Videoteam. Fünf Burger-Sorten für sechs Jurymitglieder, das braucht einige Zutaten und verursacht ein Gewusel beim Stapeln: karamellisierte Zwiebeln, Fleischtomaten, Salat. Geröstete selbstgemachte Brioche-Brötchen, Ketchup, Mayo und natürlich die Burger-Pattys. Glück für den, der den Überblick behält. Wagner hat sich zur Sicherheit die Reihenfolge der Burger aufgeschrieben – denn die bleibt für alle anderen bis zur Auflösung geheim. Ein letzter prüfender Blick, und der erste Burger findet seinen Weg zu den Testessenden. 

Das sind die fünf Test-Burger

Die sechs Testesser bewerten die Burger

Noah Rechsteiner (20), der vegane Spitzenkoch, beisst herzhaft hinein. Andere werfen zuerst ein paar kritische Blicke. Neben dem Testformular und der Serviette liegt zwar Besteck, doch benutzt wird es nur von einer Minderheit. Man isst den Burger halt einfach von Hand, egal ob mit oder ohne Fleisch.

Test-Burger Nummer zwei

Es folgen Burger zwei bis fünf. Die Tester bleiben bis zum Schluss konzentriert. Nur einmal fragt Annick Jeanmairet (51) verblüfft: «Hat es da wirklich kein Fleisch drin?» – zumindest ein Burger scheint dem Original mit Fleisch somit nahe zu kommen. Ansonsten lässt sich anhand der Mimik der Testenden weder ein klarer Favorit noch ein Verlierer bestimmen. Anders sieht es dann aber im Einzelinterview aus: Obwohl nicht direkt verlangt, haben die Testenden ziemlich eindeutige persönliche Ranglisten aufgestellt.

Die Urteile der Burger-Jury nach dem Test. (Video: Jana Figliuolo) 

Die Bewertung der einzelnen Jury-Mitglieder

Porträt Nicole Hasler

Nicole Hasler (36), Food-Bloggerin «Nose to Tail» und Innovationsberaterin aus Zürich

«Wir sollten im Alltag Fleisch bewusster konsumieren»

Mir gefällt der Beyond Burger am besten, er hat eine gute Konsistenz, etwas Saft und einen guten Biss. Und er ist geschmacklich weniger penetrant als der V-Love Burger «plant based». Der nächstbeste ist für mich der Migusto- Burger – er ist zwar nicht sehr fleischähnlich, aber geschmacklich sehr fein. Weniger gut fand ich den Wow Burger.

Ich mag Burger und finde, dass es dafür nicht zwingend Fleisch braucht. Der Beyond Burger ist besser als viele Fleischvarianten, mit den allerbesten kann er aber (noch) nicht mithalten.

Aus meinen Aktivitäten für die Nose-to-Tail-Bewegung, bin ich sehr mit dem Thema Foodwaste in der Fleischindustrie vertraut. Und hier stellt sich natürlich schon die Frage: Wenn die Konsumenten nur noch Muskelfleisch essen möchten und die vegetarischen Alternativen derart gut schmecken, müssen wir dann noch ein ganzes Rind schlachten? Für die alternativen Proteinquellen sehe ich besonders im Convenience-Bereich grosses Potenzial.

 

Porträt Andrin C. Willi

Andrin C. Willi (44), Food- und Gastroexperte aus Kilchberg ZH

«Ich verstehe, dass Burger süchtig machen können»

Für mich gibt es einen klaren Favoriten, den V-Love Burger «plant based». Nur schon das Aussehen überzeugt, er ist fleischähnlich und faserig. Ausserdem ist er recht saftig und präzis abgeschmeckt, dazu gehören schöne Röst- und Würzaromen. Das macht Lust zum Reinbeissen.

Ebenfalls recht fleischähnlich ist der Impossible Burger, den ich aber insgesamt nur soso-lala finde. Natürlich spielt auch das Rundherum eine wichtige Rolle, das Brot, die Sauce – damit kann man einiges kompensieren.

Wenn ein Burger also gut kompnoiert ist (knuspriges Brot, kräftiger Käse, saure Gurken, süssliche Sauce, dazu Röstnoten), dann verstehe ich die Zuneigung. Ich mag Fleisch und esse privat ab und zu Burger, aber nicht jeden Tag.

Porträt Annick Jeanmairet

Annick Jeanmairet (51), leitet die RTS-Kochsendung Pique-assiette, aus Genf

«Ich würde echte Gemüse-Burger bevorzugen, die wären auch gesünder»

Am wenigsten schlecht finde ich den Impossible Burger. Farbe und Konsistenz sind erstaunlich fleischähnlich, aber den Geschmack finde ich nicht besonders gut. Kaufen würde ich ihn also genauso wenig wie alle anderen. 

Der V-Love Burger «plant based» ist auf Platz 2, auch hier gelingt die Illusion von Fleisch gut, aber der falsche Grillgeschmack ist mir zu aufdringlich – da wollte man zu viel.

Ich esse sehr selten Burger und dann aus sehr gutem Fleisch. Ansonsten bin ich Flexitarierin und mag vor allem die mediterrane Küche Süditaliens. Wenn ich Fleisch esse, dann nur Stücke von hoher Qualität.

 

Porträt Noah Rechsteiner

Noah Rechsteiner (20), veganer Spitzenkoch aus Buchs ZH

«Wer seinen Fleischkonsum reduzieren will, findet hier eine gute Alternative»

Es gibt ja Veganer, die tun sich schwer mit der Fleischähnlichkeit solcher Produkte, aber aus meiner Sicht ist es eine gute Alternative für all jene, die Burger mögen, aber dennoch weniger Fleisch essen möchten.

Mich haben der V-Love Burger «plant based» und der Impossible Burger am meisten überzeugt. Wobei der Impossible für einige Veganer eben schon fast zu fleischähnlich ist. Ausserdem würde ich einen US-Import nicht kaufen, weil mir auch Nachhaltigkeit wichtig ist. Auch deshalb bevorzuge ich den V-Love Burger «plant based». Den werde ich jetzt sicher ab und zu kaufen.

Wichtig ist mir bei Burgern, dass das Patty genügend feucht und bissfest ist – vegane Burger sind ausserdem oft fast zu perfekt geformt, wirken quasi zu wenig natürlich. Genauso wichtig beim Burger sind aber gutes Brot, eine gute Sauce und etwas Knuspriges. 
 

Porträt Eliane Zamprogna

Eliana Zamprogna (46), Chief Technology Officer Migros-Industrie, aus Küsnacht ZH

«Die Herausforderung ist, Burger zu kreieren, die nicht nur fleischähnlich sind, sondern auch gesund und nachhaltig»

Mein klarer Favorit ist der Impossible Burger. Seine Ähnlichkeit mit Fleisch ist verblüffend – Hut ab, das ist nicht einfach. Auch vom Geschmack her hat er mich überzeugt, wirklich ein perfektes Imitat. Der Beyond Burger kommt ihm recht nahe, ist mir aber geschmacklich zu übertrieben. Da ziehe ich den V-Love Burger «plant based» vor. Den Migusto-Burger finde ich sehr kreativ und gelungen.

Ich mag Burger, bevorzuge aber vegane Varianten, die nicht versuchen, Fleisch zu imitieren, auch wenn ich es spannend finde, solche zu probieren. Berufsbedingt passiert das oft. 

Porträt Knut Schwander

Knut Schwander (57), GaultMillau Romandie, aus Pully VD

«Mir ist wichtig zu wissen, was genau ich esse, dafür braucht es Vertrauen in das Lokal oder den Hersteller»

Ich mag den Migusto-Burger am besten; der tut nicht so, als ob er Fleisch wäre, und überzeugt mit echtem, ehrlichem Geschmack. Er ist der einzige dieser fünf, den ich in einem Restaurant tatsächlich bestellen würde.Bezüglich Fleischähnlichkeit am glaubwürdigsten ist der Impossible Burger, was aber noch nicht heisst, dass er gut ist. Alle anderen fand ich ziemlich schlimm, insbesondere den Wow Burger.

Ich esse nur selten Burger, obwohl ich ja viele Restaurants teste, und es dort manchmal auch richtig gute Burger gibt. Niemals essen würde ich einen Fastfood-Burger. Generell konsumiere ich heute etwas weniger Fleisch als früher, schätze aber ein gutes Stück noch immer.

Nicola Hasler und Andrin C. Willi freuen sich, dass sie den Impossible Burger mal probieren konnten, den es sonst nur in den USA gibt.

Nicole Hasler und Andrin C. Willi freuen sich, dass sie endlich mal Gelegenheit hatten, den Impossible Burger auszuprobieren, den es bisher erst in den USA gibt.

Fleischlos glücklich in deiner Migros:

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