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Nachbarschaftshilfe für Risikogruppen

Dein Amigo und Helfer

Brian Jost geht täglich einkaufen, aber nicht für sich, sondern für andere. Er ist einer der über 23000 Helfer der Nachbarschaftshilfe der Migros und von Pro Senectute, und zwar ein besonders fleissiger. Schon fünfzig Bestellungen hat er ausgeliefert. Was treibt ihn an?

Text Lisa Stutz
Fotos Marco Zanoni
Datum
Brian Jost ist mittlerweile ist Brian Jost ein Amigos-Profi.

Hat schon 50 Bestellungen für Angehörige von Corona-Risikogruppen ausgeliefert: Brian Jost aus Liebefeld BE. 

Acht volle Einkaufstaschen ­stapeln sich im Auto von Brian Jost (35). Sie sind das Resultat von fünf Bestellungen auf der Amigos-App, für die er an diesem Tag unterwegs ist. Seit seine Firma Kurzarbeit angemeldet hat – Jost ist Portfolio-­Manager in der Werbebranche – und er nur halbtags arbeitet, besucht er die ­Migros Bläuacker in Köniz BE täglich. Seit Ende März hat er bereits mehr als 50 Bestellungen an ältere Menschen und Angehörige der Risikogruppen ­ausgeliefert.

Brian Jost war schon immer ein ­engagierter Mensch. Er hat sich in der Jugendarbeit eingesetzt, war Nachwuchs­betreuer im Hornussen und zehn ­Jahre in der freiwilligen Feuerwehr. «Das ­Gemeinwohl ist mir wichtig», sagt er.  So denkt er bei der Berichterstattung zur Corona-Pandemie auch sofort an die Menschen, die nicht mehr aus dem Haus können. «Mir hat das leidgetan:  Die Risikopersonen sollen drinbleiben, während wir einfach weitermachen.» Online stösst er auf die App Amigos und lädt sie auf sein Smartphone. Schon ­einen Tag später, am 25. März, nimmt er die erste Bestellung an. 

«Super-Amigo» Brian Jost mit dem Einkauf, den er für Corona-Hilfsbedürftige getätigt hat.

Brian Jost war schon immer ein engagierter Mensch. Er hat sich in der Jugendarbeit eingesetzt, betreute den Nachwuchs im Hornussen, und war zehn Jahre lang in der freiwilligen Feuerwehr. 

Er tätigt die «Kommissionen», wie er Einkäufe auf Berndeutsch nennt, und ist bei der allerersten Übergabe etwas un­sicher. «Ich bin zum Haus gefahren und wusste nicht recht, ob ich die ­Taschen nun raufbringen soll oder nicht. Da hat sich ein Fenster geöffnet, und eine Dame hat heruntergerufen, dass ich die Einkäufe einfach hinstellen könne. Bevor ich weggefahren bin, hat sie sich bei mir sehr bedankt. Es war spannend für mich, eine ganz neue ­Situation», beschreibt er.

Pro Bestellung eine «Runde» im Laden

Mittlerweile ist Jost Amigos-­Profi. Wieso er immer weitermacht? «Ich habe viel Zeit und möchte etwas Sinnvolles damit machen», erklärt der Allein­ste­hende ohne Kinder. Zudem gäben ihm die Einkäufe eine Struktur im Alltag. Die Halbierung seines Arbeitspensums habe ihm schon ein bisschen den Boden unter den Füssen weggezogen – nun hat er eine neue Routine. Dass er dabei mit «kleinem Aufwand», wie er sagt, etwas Grosses bewirken kann, gefällt ihm. 

Meistens erledigt er gleich mehrere Bestellungen aufs Mal. Das läuft dann so  ab: Er fährt zur Migros, arbeitet die erste Einkaufsliste ab, bezahlt und stellt den vollen Sack ins Auto. Dann geht er erneut in den Laden und nimmt sich der zweiten Bestellung an. So geht er mehrmals hin und her, bis er schliesslich auf einer Tour alle Einkäufe nacheinander bei den Bestellern abladen kann. 

Beliebt seien in den letzten Wochen vor allem Spargeln. Auch Bananen und Äpfel seien Dauerbrenner, genauso wie Gurken und Zucchetti. Joghurt und Brot, klar. Auch Magerquark und Hüttenkäse stehen oft auf der Einkaufsliste, «und der beliebteste Käse ist der Greyerzer», sagt er mit einem Schmunzeln. Ab und zu ­stehen auf der Liste Produkte, von denen er noch nie gehört hat, geschweige denn weiss, wo im Laden sie zu finden sind. «Dann suche ich etwas länger. Doch ­danach weiss ich genau, wo was ist.»

Die Begegnung mit dem Pfarrer

Die Menschen, die er beliefert, seien ganz unterschiedlich. Von jüngeren ­Leuten mit einer Vorerkrankung bis zu älteren Personen. Manche erzählen sie von sich aus, dass sie Krebs haben oder an einer Lungenkrankheit leiden. Eine Dame vertraute ihm an, dass sie sich Sorgen um ihre Tochter mache, die selbständig ist. «Den meisten Menschen tut es gut, einen kurzen Schwatz mit mir zu halten», sagt Brian Jost. «Sie sind ja immer zu Hause.» 

Einmal belieferte er ein älteres Ehepaar, und es stellte sich heraus, dass es 30 Jahre lang an seinem Wohnort ­Liebefeld gelebt hat – der Mann war dort sogar der Pfarrer. «Das war eine ­tolle Begegnung, die ich nicht mehr ­vergessen werde.» Das Helfen macht ihm Freude. Er denkt dabei auch an seine eigene Mutter. «Wir sind fünf ­Kinder und alle unterstützen sie. Aber nicht alle haben dieses Glück.» Also macht Brian Jost weiter. 

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