Navigation

Gold-Medaille an WM gewonnen

Beim Meisterkäser

Die Molkerei Davos hat an der Käse-Weltmeisterschaft richtig abgesahnt. Für Käsermeister Martin Flüeler stecken hinter dem ausgezeichneten Rahmkäse glückliche Kühe, ein geheimes Rezept, perfektes Timing und harte Arbeit.

Text Benita Vogel, Claudia Schmidt
Fotos Nicola Pitaro
Datum
Käsermeister Martin Flüeler in der Molkerei Davos mit vielen reifenden Rahmkäselaiben.

Käsermeister Martin Flüeler in der Molkerei Davos mit vielen reifenden Rahmkäselaiben.

Martin Flüeler taucht eine hellblaue Schaufel in die weisse Gallerte, stösst sie von sich weg und zieht sie wieder heraus. Eintauchen, wegstossen, hoch- und heranziehen – die kreisförmige Bewegung wiederholt er immer wieder, kraftvoll und in kurzen Abständen. «Ich rühre, damit Turbulenzen im Käsekessel entstehen», erklärt der 47-Jährige. Er hält kurz inne und lässt das Rührwerk mit der messerscharfen Harfe vorbeiziehen. Diese schneidet die Gallerte in eine körnige Masse, die sanft im Kessel schwappt. «Die Bruchkörnli müssen möglichst gleichmässig sein. Nur so entsteht ein guter Käse», sagt der Käsermeister und Chef der Molkerei Davos. Die Lernenden erhalten jeweils eine Note für die Gleichmässigkeit der Bruchkörner im Kessi.

 

Der Chef erwartet Medaillen

Die Gesamtnoten für Flüelers Käse lassen sich sehen. Er und sein Team haben an der Weltmeisterschaft World Cheese Awards in Bergamo IT im vergangenen November gleich mehrere Auszeichnungen erhalten. Medaillen gab es unter anderem für den Schafkäse. Vorallem aber eine super-goldene Auszeichnung für den Davoser Rahmkäse, der bis 12. Oktober auch in der Migros erhältlich ist. «Nehmen wir an einem Wettbewerb teil, erwarte ich mindestens eine Auszeichnung.» Etwa Bronze oder Silber. «Dass wir an der WM mit dem Rahmkäse an unserem Tisch aber als Beste abschnitten, ist nahezu gigantisch. Das verleiht Prestige und hilft beim Markenaufbau». Es benötige auch ein wenig Glück, ganz vorne dabei zu sein, sagt der Käsermeister fast schon ein wenig bescheiden. Dabei kann Flüeler, der zugleich zwei Käsereien führt, noch weitere Topplätze vorweisen.

Der Innerschweizer hat die Milchverarbeitung quasi im Blut. Vor über 150 Jahren hatte sein Urgrossvater eine Käserei in Alpnach-Dorf OW gegründet. Dort produziert der Familienbetrieb heute Hartkäse wie Sbrinz und Parmino. Damit hat er bisher schon mehrere nationale und internationale Preise eingeheimst. Doch bevor Flüeler zu Hause einstieg, übernahm er ein heikles Mandat in Davos. Die Molkereigenossenschaft stand wegen finanzieller Schwierigkeiten vor einer unsicheren Zukunft. Schliessen oder neu bauen, lautete die Frage. Mit neuen Geldgebern, einer neuen Strategie und neuen Produkten machten die Davoser weiter und errichteten am alten Standort im Dorf eine neue Produktionsstätte.

Die Molkerei Davos wurde an der Käse-Weltmeisterschaft mit Super-Gold ausgezeichnet. Für Käsermeister Martin Flüeler stecken hinter dem ausgezeichneten Rahmkäse glückliche Kühe, ein geheimes Rezept, perfektes Timing und harte Arbeit.

Die Molkerei gehört nach wie vor den Bauern, wird aber von einer AG geführt, an der auch Kadermitarbeiter beteiligt sind. Mit dabei auch Flüeler. Er hat die Führung inne und arbeitet praktisch sieben Tage die Woche. Wochentags managt er die Geschäfte in Davos, am Wochenende produziert er im Heimbetrieb in Alpnach. Dort tüftelt er auch an neuen Produkten. «Das geht gut auf», sagt er. Es sei sowieso schwierig, Mitarbeitende zu finden, die an den Wochenenden arbeiten wollten.

Ohnehin möge er es, wenn viel läuft. «Nichts tun ist nicht mein Ding.» Um abzuschalten, fährt er Velo, läuft und schwimmt. Einst wollte er Triathlonprofi werden, neben der Ausbildung zum Käser und danach zum Käsermeister und dem Wirtschaftsstudium hat er hart trainiert. «Ich nahm an der Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii teil», sagt er. Sein Talent habe aber nicht gereicht, um ganz vorne mitzumischen.

World Cheese Award

3800 Teilnehmer, 84-mal Super-Gold

Der World Cheese Award ist einer der wichtigsten internationalen Käsewettbewerbe. Zuletzt testete die Jury im November 2019 an 84 Tischen total über 3800 Käse. An jedem Tisch taxieren drei Degusteure die Proben und teilen sie in die Kategorien Bronze, Silber und Gold ein. Unter den Gold-Gewinnern wird pro Tisch ein Super-Gold-Sieger bestimmt. Aus diesen 84 Super-Gold-Gewinnern wählt eine weitere Fachjury darauf den Weltmeister. Der Davoser Rahmkäse erhielt eine der 84 Super-Gold-Medaillen.

Auch die Migros schickt Experten zur Degustation an den Wettbewerb. Raffael Bernhard, Category Manager Käse des Migros-Genossenschafts-Bundes (MGB), sagt: «Wir stossen dadurch auf die besten Käse der Welt und können unser Sortiment temporär oder dauerhaft mit besonderen Sorten ergänzen.»

Nussig-fruchtig ist Trumpf

Beim Käsen ist das anders. Das Rezept für den WM-Helden, den Davoser Rahmkäse, stammt von Flüeler und seinem Produktionsleiter. «Es ist natürlich geheim», sagt er und lacht. Am wichtigsten seien die sogenannten Kulturen, die beigemischt werden. Das sind Bakterien, die dem Käse den Geschmack geben. «Heute kommen nussige und fruchtige Aromen bei den Degusteuren und Konsumenten gut an», sagt Flüeler. Früher habe ein Käse eher eine süssliche Note haben müssen, um beliebt zu sein. Ebenso wichtig sei ein «Toprohstoff». «Die Kühe hier in Davos sind keine Hochleistungstiere. Sie leben in einem guten Umfeld und fressen hauptsächlich frisches Gras.» Das sorge für eine besonders würzige Milch. Und schliesslich ist natürlich das Handwerk von Bedeutung. «Fingerspitzengefühl und das richtige Timing sind gefragt.» So wie bei der Festigkeit der Gallerte und den Bruchkörnli, die alle etwa gleich gross sein sollten.

Immerhin die Note 5 gibt der Produktionsleiter Laurin Zenklusen (31) für die Bruchkörnli an diesem Produktionstag seinem Chef. «Da gibt es noch Potenzial nach oben», sagt Flüeler und schmunzelt. Ob das wieder für einen Weltmeistertitel reichen wird, zeigt sich erst in fünf Monaten. So lange reift der Davoser Rahmkäse noch im Keller.

Fünf Super-Gold-Gewinner in der Migros

5 der 84 besten Sorten gibt es exklusiv vom 15. September bis zum 12. Oktober 2020 in 233 grösseren Migros-Filialen an der Käsetheke.

Name: Davoser Rahmkäse
Herkunft: Schweiz Art: Halbhartkäse aus pasteurisierter Kuhmilch
Reifezeit: fünf Monate
Genuss: Er eignet sich dank der fruchtigen und nussigen Aromen perfekt zum Apéro, aber auch zum Gratinieren.

Name: Queso Sierra Sur
Herkunft: Spanien Art: Halbhartkäse aus pasteurisierter Ziegenmilch
Reifezeit: zwei Monate
Genuss: Der cremig-weiche Käse punktet mit Kräuteraroma auf jeder Käseplatte.

Name: Oak Smoked Cheddar
Herkunft: England Art: Hartkäse aus pasteurisierter Kuhmilch
Reifezeit: zwölf Monate
Genuss: Der leichte Räuchergeschmack macht ihn zum idealen Käse für Apéroplatten. Dazu passen bestens Apfelschnitze.

Name: Pecorino Vecchio
Herkunft: Italien
Art: Hartkäse aus pasteurisierter Schafmilch
Reifezeit: sechs Monate
Genuss: Sein Aroma verleiht Pastagerichten wie Cacio e Pepe die richtige Würze. Der Pecorino Vecchio eignet sich aber auch zum Gratinieren.

Name: Taleggio DOP
Herkunft: Italien
Art: Weichkäse aus roher Kuhmilch
Reifezeit: ein Monat
Genuss: Der Käse passt nach einer Mahlzeit als Alternative zum Dessert. Speziell Feigensenf und Nüsse harmonieren mit der Würze des Taleggio. Dank seiner Cremigkeit verfeinert er jedoch auch Polenta oder Risotto.

Schon gelesen?