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Harz statt Plastik

Diese Kaffeekapseln kommen aus dem Wald

Mit einem Abfallprodukt aus der Papierproduktion lässt sich Plastik herstellen. Fragen und Antworten zu den neuen Delizio Kapseln aus Tallöl.

Text Nicola Brusa
Datum
Kaffeekapseln aus dem Wald? Das ist möglich! (Bild: Shutterstock)

Kaffeekapseln aus dem Wald? Das ist möglich! (Bild: Shutterstock)

Manchmal wünscht sich Fabian Zeller, die Sache wäre ein bisschen simpler, Produkte einfach gut oder böse, umweltfreundlich oder umweltschädlich. Zeller entwickelt bei der Migros-Tochter Delica Verpackungen und ist mit seinem Team dafür verantwortlich, eine Delizio Kaffeekapsel aus Plastik zu entwickeln, die weder kompostierbar ist, noch rezykliert wird, sondern verbrannt. Die sich chemisch nicht im Geringsten von den bisherigen Kapseln unterscheiden lässt und trotzdem deutlich nachhaltiger ist. Wie das? Nicht ganz einfach zu erklären.

Gutes Plastik, schlechtes Plastik?

Die Kapseln von Delizio sind neu aus Tallöl, einem Aballfallprodukt der Papierindustrie.
Die Kapseln von Delizio sind neu aus Tallöl, einem Aballfallprodukt der Papierindustrie.

Eine Kapsel-Silhouette mit einem kleinen Blatt auf den Kartonverpackungen weist diskret auf die Verpackungsinnovation hin. Zwar steckt das Kaffeepulver immer noch in Plastikkapseln, das verwendete Plastik hat aber einen günstigen Effekt auf die Ökobilanz des Produkts. Sein Grundstoff ist nicht Erd-, sondern Tallöl, das bei der Produktion von Zellulose in der Papierherstellung entsteht. Tallöl setzt sich aus Baumharzen und -ölen zusammen, galt bisher als Abfall und wurde zum grössten Teil verbrannt. Aus diesem Tallöl lässt sich jedoch ein Plastikgranulat herstellen – zum Beispiel für die Polypropylenfolie, aus der die Delizio Kapseln geformt werden. 

Wie gross ist der Effekt?

Delica produziert pro Jahr mehr als 220 Millionen Delizio Kapseln, alle 7 Sekunden wird in der Schweiz eine solche Kapsel in eine Kaffeemaschine eingesetzt. Das Unternehmen hat ausgerechnet, dass dank den neuen Kapseln die Menge CO2 eingespart wird, die 84 Menschen verursachen, die unabhängig voneinander je einmal um die Welt fliegen. Nicht zu unterschätzen ist ein weiterer Faktor: Der Produktionsprozess musste nur geringfügig angepasst werden. «Auch das entspricht unserem Ansatz von Nachhaltigkeit», sagt Zeller. Bestehende Prozesse mit möglichst geringem Aufwand besser machen.

Was schenkt ein?

Den grössten Einfluss auf die Ökobilanz einer Tasse Kaffee hat: Der Kaffee selber, dessen Anbau viel Wasser braucht (rund 21’000 Liter Wasser für ein Kilo gerösteten Kaffee) und dessen Verarbeitung energieintensiv ist. Kommt hinzu, dass die Bohnen von weither zu uns in die Schweiz transportiert werden. Das Ziel sei es, erklärt Fabien Zeller, mit möglichst wenig Kaffee möglichst grossen Genuss zu ermöglichen. Und da sei die Kapsel selbst eine grosse ökologische Innovation. Rund 6 Gramm Pulver stecken in einer Delizio Kapsel, bei einer Siebträgermaschine sind es zwischen 7 und 9 Gramm, bei einem Vollautomaten 8 bis 11 Gramm pro Tasse Kaffee. «So löst sich auch der Widerspruch auf, dass eine Kapsel im Verhältnis zum Produkt relativ viel Verpackung ist», sagt Zeller. 

Wie schwer ist eine Kapsel? Wie viele Millionen Tassen Kaffee werden jedes Jahr mit dem Delizio System gebrüht? Wie viel Tallöl fällt bei der Zellstoffproduktion an?

  • 21’000 Liter Wasser braucht es ungefähr, um ein Kilo gerösteten Kaffee herzustellen.
  • 220 Millionen Tassen Kaffee werden pro Jahr in der Schweiz mit dem Delizio System zubereitet. 
  • 65 Prozent beträgt der Anteil an nachwachsenden Rohstoffen in den Delizio Kapseln.
  • 30 – 40 Kilogramm Tallöl fällt pro Tonne Zellstoff an.
  • 4 Kilogramm weniger CO2 werden dank dem Einsatz von Tallöl pro Kilogramm Kunststoff freigesetzt.
  • 0,8 Gramm wiegt eine Delizio Kapsel, sie umschliesst 6 Gramm Kaffeepulver.

Kompostieren oder verbrennen?

Verpackungen und insbesondere Plastikverpackungen stehen derzeit stark im Fokus der Konsumentinnen und Konsumenten. In diesem Spannungsfeld bewegt sich Fabian Zeller, er sieht sich oft mit der Frage konfrontiert, weshalb eine Plastikkapsel, die verbrannt wird, besser sein soll, als eine Kapsel, die kompostiert wird. Zeller verweist dann auf die Faktoren, die zur Nachhaltigkeit beitragen, wie differenziert die Sache angeschaut werden muss. Was für die Schweiz die beste Lösung ist, kann bereits in einem Nachbarland nur die zweitbeste sein. Fakt ist: In der Schweiz wird Abfall sehr effizient verbrannt und die Wärme genutzt, die dabei entsteht. Hingegen bestehen die meisten kompostierbaren Kunststoffe aus Lebensmitteln, basieren etwa auf Mais oder Zuckerrohr.

Oder doch rezyklieren?

Alukapseln schneiden in der Ökobilanz vergleichbar ab wie die Tallöl-Kapseln. Sofern die Rücklaufquote hoch genug sei und die Kapseln nicht doch im Abfall landen, sagt Fabian Zeller. Den grössten Impact auf die Ökobilanz, fügt er an, habe der Verzicht: «Wer der Umwelt etwas Gutes tun will, trinkt jeden Tag eine Tasse Kaffee weniger.»

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