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Panzer

Grosse Liebe für dicke Brummer

Diese Woche versammeln sich am Panzerweekend im Militärmuseum Full grosse und kleine Fans der mächtigen Maschinen. Zu ihnen gehören auch Beat Schläfli und Tycho Roos, die fast jeden Samstag an Panzern aller Art werkeln.

Text Ralf Kaminski
Fotos Julius Hatt
Datum
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Beat Schläfli (links) und Tycho Roos mit ihrem Panzer 68.

Laut, eng und rucklig ist es in so einem Panzer. Beat Schläfli (65) hat sich vorn ans Steuerrad des Panzer 68 gezwängt, Tycho Roos (18) sitzt hinten im Turm und erklärt die Innereien: Technik, Abschussrohr, Gegensprechanlage. Sie rumpeln mit dem wuchtigen Gefährt von der Werkstatt rüber zum Vorplatz des Schweizerischen Militärmuseums Full, das sich im Aargau in direkter Nachbarschaft des Kernkraftwerks Leibstadt befindet.

Drei Monate haben die beiden Männer gemeinsam mit einem Kollegen fast jeden Samstag an dem alten Schweizer Kampfpanzer aus den späten 1960er-Jahren gearbeitet, um ihn wieder voll funktionstüchtig zu machen – und sind nun sichtlich stolz auf ihr Werk. Er wird auch diese Woche am Panzerweekend in Aktion zu sehen sein, inklusive Mitfahrmöglichkeit.

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Ein «Pänzeler» alter Schule: Beat Schläfli.

Beat Schläfli hat während seiner RS sogar selbst einen Panzer 68 gefahren und schwärmt noch heute davon. «Pänzeler sind eine ganz besondere Truppe», erklärt er. «Wenn du so lange auf so engem Raum  zusammenarbeitest, musst du dich auf die anderen bedingungslos verlassen können.» Dieser Zusammenhalt schweisse auch später und in der Freizeit zusammen. «Das funktioniert sogar international: Pänzeler haben sofort eine gemeinsame Gesprächsbasis, egal aus welchem Land sie kommen.»     

Fasziniert von Technik und Qualität

Damals begann auch Schläflis Leidenschaft für die riesigen Maschinen. «Es geht mir nicht um Krieg oder Kampf, sondern um Technik und Mechanik – und die Freude, sowas wieder zum Funktionieren zu bringen», erklärt der pensionierte Qualitätsmanager aus Luterbach SO, der lange als Mechaniker und Maschineningenieur gearbeitet hat. «Es ist wie bei einer alten Taschenuhr einfach spannend, mit welcher Schönheit und Präzision diese Maschinen gebaut wurden. Und dass die Qualität so hoch ist, dass sie mit etwas Pflege und Arbeit auch heute noch laufen.»

Dieselbe Begeisterung treibt auch den Teenager Tycho Roos an, der schon seit einem Jahr ehrenamtlich im Militärmuseum Panzer restauriert. «Bei mir fing es mit Militär-Geschichten von meinem Grossvater an, schon das fand ich spannend. Später habe ich begonnen, zu Hause Panzer-Modelle zu bauen», sagt der Anlagenapparatebauer-Lehrling aus Luzern. Dann kam er als Besucher ins Militärmuseum und fragte schon bald an, ob er mithelfen könne. «Panzer sind ein wuchtiges Stück Metall, das richtig laut ist, das fasziniert mich einfach. Und an solchen Maschinen arbeiten zu können, ist aussergewöhnlich.»

So schrauben und werkeln Schläfli und Roos fast jeden Samstag mit Akribie und grossem Spass gemeinsam an Panzern. Darunter auch noch ältere oder ausländische. «Bei russischen Panzern versteht man noch nicht mal die Schrift und muss erst mal recherchieren, wie man ihn überhaupt in Gang setzt», sagt Roos. «Und natürlich gibt es bei vielen auch keine Ersatzteile mehr», ergänzt Schläfli, «man muss also mit dem arbeiten, was da ist.»

Zeitzeugen der Geschichte

Rund 60 Panzer stehen in den Hallen des Militärmuseums, über die Jahre zusammengesammelt. «Teils haben wir sie kostenlos von der Schweizer Armee bekommen, teils abgetauscht mit Panzermuseen im Ausland», erklärt Thomas Hug, Mitgründer des Museums und Präsident des Vereins, der die Anlage betreibt. Manchmal kaufen sie Panzer auch für 1000 bis 10’000 Franken irgendwo im Ausland ein. «Teuer ist aber vor allem der Transport.» Die Fahrzeuge sind bis zu 60 Tonnen schwer und kommen per Sattelschlepper.

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Eine kleine Auswahl der Panzer, die Militärmuseum Full begutachtet werden können.

Die Idee für das Museum entstand Anfang der 1980er-Jahre, als Hug und zwei andere Privatsammler fanden, es wäre an der Zeit, ihre Schätze zusammenzubringen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 1998 öffnete das Museum seine Tore; der Verein hat heute 1500 Mitglieder und finanziert sich durch deren Beiträge, Spenden, Eintritte und den Museums-Shop. Pro Jahr kommen im Schnitt 15’000 tendenziell eher männliche Besucher – an einem Panzerweekend können es bis zu 6000 sein. «Wegen dem Festbetrieb kommen mehr Familien als sonst», sagt Hug. Man kann Panzerfahren, an Sammlerständen stöbern und Reenactment-Gruppen zuschauen, die Szenen aus dem Zweiten Weltkrieg oder dem Kalten Krieg nachstellen.

Der 70-jährige Jurist war früher Kripo-Chef der Stadt Zürich sowie erster Staatsanwalt von Baselland – und interessierte sich schon immer für Technik und Geschichte. «Diese Panzer sind Zeitzeugen historischer Ereignisse, durch sie wird Geschichte wieder lebendig.» Zudem hätten diese Gefährte einfach Ausstrahlung. «Klar, sie repräsentieren auch Macht, Gewalt und Unterdrückung, aber in der Schweiz sind sie eher positiv besetzt, weil sie uns verteidigt haben.»

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Eine der Raritäten im Museum: Stuart-Panzer aus den USA.

Stolz ist Hug auf die Raritäten in der Sammlung, etwa einen deutschen «Königstiger» aus dem Zweiten Weltkrieg, das Sturmgeschütz IIIG (1944) oder einen amerikanischen Stuart-Panzer (1942). «Da bekommen viele Fans feuchte Augen, wenn sie die sehen oder gar mal in Aktion erleben können.» Im Ausland gebe es aber noch grössere und teils staatlich finanzierte Militärmuseen – «mit denen können wir nicht mithalten». Und es kam auch schon vor, dass Hug Besuchergruppen abgelehnt hat, deren Interesse ihm verdächtig vorkam. «Auch Händler mit Nazi-Erinnerungsstücken weisen wir konsequent vom Platz.» 

Eigenen Panzer im Garten?

Im Umfeld von Beat Schläfli und Tycho Roos gibts schon ab und zu schräge Blicke, wenn sie von ihrem Hobby erzählen. «Einige können es überhaupt nicht nachvollziehen, andere findens aber auch sehr spannend», erzählt Roos. Beat Schläfli betont gegenüber Kritikern immer, wie wichtig es sei, dass diese Maschinen niemals unkontrolliert zum Einsatz kämen, und dass es dafür eben genau solche Leute wie ihn und seine Kollegen brauche. Er findet auch, dass Bundesrat Ueli Maurer ganz recht gehabt habe mit seiner Aussage, dass die Schweizer Armee die beste der Welt sei. «Warum? Weil sie noch nie in einem Krieg war – und das bleibt hoffentlich auch so.» Das hofft auch Roos, dem die RS noch bevorsteht. Natürlich will er zu den Panzerfahrern.

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Tycho Roos mit Gehörschutz Im Turm des Panzer 68.

Und wie weit geht ihre Leidenschaft? Würden sie sich so einen Panzer auch in den Garten stellen? Tycho Roos grinst: «Also wenn sie im Museum aus Platzgründen einen loswerden müssten, würde ich den schon übernehmen, bevor sie ihn verschrotten.» Schläfli würde jedenfalls nicht einfach einen kaufen. «Aber einen, an dem ich selbst gearbeitet habe, der dank mir wieder funktioniert – warum nicht?» Auch wenn seine Frau wohl nicht so begeistert wäre. Dafür wäre es eine seiner Töchter. «Die hat wie ich Diesel im Blut und kommt auch gerne mit ins Museum.»

Am Panzerweekend stehen die beiden ebenfalls im Einsatz. Sie werden Fahrzeuge betreuen,  Fragen beantworten und sicherlich zahlreiche, rumpelnde Runden mit ihrem Panzer 68 drehen.

Weitere Infos: Panzerweekend im Militärmuseum Full: 28. und 29. August

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