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Geldentwertung

Warum reden gerade alle über Inflation?

Unser Geld hat seit Januar schon einiges an Wert verloren – und Besserung ist nicht in Sicht. Was sind die Gründe, wie reagiert die Schweizerische Nationalbank, und was kannst du selbst tun?

Text Dario Aeberli
Datum
Die Inflation spürt man aktuell vor allem an der Zapfsäule. 

Die Inflation spürt man aktuell vor allem an der Zapfsäule. 

Was ist Inflation?

Inflation bedeutet, dass dein Geld an Kaufkraft verliert, du nach einer Weile für das gleiche Geld also weniger bekommst. Der Hauptgrund: Produkte des täg­lichen Bedarfs werden teurer, so sind die Preise für Energie, Kaffee oder Milchprodukte in vielen Läden zuletzt klar gestiegen. Möbel sind heute gar 17 Prozent teurer als vor fünf Jahren.

Warum reden gerade alle über Inflation?

Machst du dir Sorgen über eine allfällige Inflation?

Weil die Preise aktuell weltweit so stark steigen, wie schon lange nicht mehr. Für die Schweiz lässt sich dies anhand des Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) ablesen. Das Bundesamt für Statistik erfasst monatlich in einem Warenkorb, wie viel Geld eine Person für Produkte des täglichen Bedarfs ausgeben muss. Der LIK berücksichtigt 12 Kategorien wie Nahrung, Bekleidung, Gesundheitspflege oder Verkehr. Seit Januar sind die Preise für diesen standardisierten Warenkorb um 1,2 Prozent gestiegen. Verglichen mit den USA oder der EU ist dies allerdings wenig.

Warum steigen die Preise?

Am stärksten fällt ins Gewicht, dass Öl und Erdgas so teuer sind wie schon lange nicht mehr. Waren mit einem Lkw von A nach B zu transportieren, kostet deshalb mehr Geld und verteuert die Produkte. Andere wichtige Rohstoffe sind durch Lieferengpässe oder Sanktionen wegen des Kriegs in der Ukraine knapp geworden.

Was treibt den Öl-Preis in der Schweiz nach oben?

Die Schweiz bezieht ihr Öl hauptsächlich aus Nigeria, Libyen, Kasachstan und den USA. Letztere haben im März entschieden, russisches Öl ab sofort zu boykottieren. Grossbritannien will bis Ende des Jahres nachziehen, und auch die EU prüft den Importstopp für russisches Öl. Entsprechend begehrt sind Alternativen – die übrigen Ölproduzenten können oder wollen jedoch nicht sofort mehr Öl fördern, was die Preise steigen lässt.

Weshalb ist gar das Wetter mitschuldig?

Im März hat es wenig geregnet, was den Wasserpegel im Rhein sinken liess. Auf diesem wird aber der Grossteil des Öls in die Schweiz geliefert. Bei niedrigem Pegel können Öltanker weniger gefüllt werden, was die Lieferkosten pro Liter in die Höhe treibt und sich am Ende an der Tankstelle bemerkbar macht. Weil die Nachfrage nach Öl in China wegen des Coronalockdowns niedriger ist als üblich, ist der Ölpreis in den vergangenen ­Tagen wieder etwas gesunken.

Können wir in der Schweiz etwas gegen die Inflation machen?

Teilweise. Die Schweizer Preise stabil zu halten, gehört zu den Hauptaufgaben der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Ihr Ziel ist wie bei den meisten Notenbanken der Welt, dass die Preise für alltägliche Produkte nicht mehr als zwei Prozent pro Jahr steigen. Eingreifen kann die SNB, indem sie Einfluss nimmt auf die Geldmenge, die in der Schweiz zirkuliert. Die Faustregel: Je mehr Geld im Umlauf ist, desto weniger ist es wert. Die Menge beeinflusst die SNB vorab über Kredite, die sie den Banken vergibt. Das Rezept gegen Inflation wären also deren Zinsen: Aktuell liegen sie bei historisch tiefen -0,75 Prozent. Dass die Inflation in der Schweiz weniger zunimmt als in anderen Ländern, liegt auch an ihrer starken Währung. Aktuell ist der Schweizer Franken sehr hoch bewertet, fast gleich viel wert wie der Euro. Das vergünstigt Importe von Lebensmitteln oder Energie. Und die SNB hätte durchaus Spielraum, die Zinsen zu erhöhen und den Franken weiter aufzuwerten – doch das will sie nicht. Denn ein noch stärkerer Franken bedeutet, dass Schweizer Exportprodukte im Ausland noch teurer werden. Dies würde primär im europäischen Markt einen Wettbe­werbsnachteil für Schweizer Firmen nach sich ziehen.

Das heisst, die SNB wird nichts unternehmen?

Vorerst wohl nicht, denn sie stimmt ihre Massnahmen eng auf die Europäische Zentralbank (EZB) ab. Diese wiederum kämpft mit einer viel stärkeren Inflation als die Schweiz und hat ebenfalls sehr tiefe Zinsen. Erst wenn die EZB diese erhöht, dürfte die Schweiz nachziehen.

Kann ich mich selbst vor der Inflation schützen?

Nur begrenzt. Eine Umfrage des Vergleichsdienstes Comparis in der Schweizer Bevölkerung zeigt jedoch, dass viele bereits rea­gieren: 58 Prozent der Personen mit einem Monatseinkommen von bis zu 4000 Franken sagen, die Teuerung habe «spürbare Konsequenzen für ihre Konsum- und Finanzentscheide».
 

Die Tipps für Privathaushalte

  1. Vergleichen und wechseln
    Schweizer Kundinnen und Kunden sind relativ treu, wenn sie mit dem Service zufrieden sind. Finanziell könnten sich regelmässige Wechsel bei Krankenkasse, Handy- oder Internetabo jedoch lohnen.
  2. Immer für den gleichen Betrag tanken
    Momentan ist die Inflation vor allem an den Zapfsäulen zu spüren, wo die Preise stark schwanken. Wenn du zum Beispiel jedes Mal für 20 Franken tankst, bekommst du zwar immer unterschiedlich viel Benzin, doch über das Jahr gerechnet, sparst du so Geld, erklärt Santosh Brivio, Senior Economist bei der Migros-Bank. Das liegte am sogenannten Durchschnittspreiseffekt.
  3. Hilfsangebote beanspruchen
    Bei Esswaren, Kleidern und auch vielen anderen Grundgütern lässt es sich kaum sparen. Aber diverse Hilfsorganisationen unterstützen Menschen mit kleinem Budget. So arbeitet zum Beispiel Denner mit dem Caritas- Markt zusammen, der Lebensmittel zu stark reduzierten Preisen verkauft. Und wer schon eine Krankenkassenverbilligung oder Stipendien erhält oder nachweislich ein Einkommen am Existenzminimum hat – und nicht bereits staatliche Unterstützung bezieht –, der kann eine Karte für den Caritas-Markt beantragen.
  4. Das Sparkonto-Geld aktiv anlegen
    Wenn du vor einem Jahr 100 Franken auf einem Sparkonto hattest, ist deren Wert heute auf nur noch 97.60 gesunken. Lohnender ist es, sich bei der Bank zu erkundigen, wie man das Geld in Wertpapiere anlegen kann, um die Teuerung auszugleichen oder gar Gewinn zu machen, sagt Brivio. Die Caritas Schweiz hat auf ihrer Website fast 100 weitere Spartipps.

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