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Immer weniger Kinder

Wir sind 8'000'000'000 Menschen auf der Welt

Die Menschheit erreicht in diesen Tagen bevölkerungsmässig einen Meilenstein. Wie viele werden wir noch? Und was bedeutet das für die Klimaerwärmung?

Text Dario Aeberli
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Es ist einiges in Bewegung. Einige Jahre wird die Weltbevölkerung noch weiter wachsen, bis sie gegen Ende des Jahrhundert wieder abnehmen wird.

Es ist einiges in Bewegung. Einige Jahre wird die Weltbevölkerung noch weiter wachsen, bis sie gegen Ende des Jahrhundert wieder abnehmen wird.

Wie lange wird die Weltbevölkerung noch wachsen?

2020 lag das weltweite Bevölkerungswachstum erstmals unter einem Prozent pro Jahr. Seit die Uno 1950 Statistiken zu erstellen begann, war das Wachstum noch nie so ­gering. Zwischen 2075 und 2100 wird die Weltbevölkerung ihren Höhepunkt von 8,8 bis 10,9 Milliarden Menschen erreichen. Dann wird es wieder weniger Menschen auf der Welt geben. Die Berechnungen werden ab 2050 ungenau, weil die Menschen, die dann Kinder zeugen wer­den, heute noch gar nicht ­geboren worden sind.

Warum ist die Weltbevölkerung in nur zwölf Jahren um 1 Milliarde gewachsen?

Den Grundstein dafür legte die Menschheit im 19. Jahrhundert mit der Industrialisierung. Lange dümpelte die Weltbe­völkerung bei etwas unter einer Milliarde herum. Um sich für das Alter abzusichern, zeugten Eltern viele Kinder, allerdings starb fast ein Drittel vor dem fünften Lebensjahr. Mit dem medizi­nischen Fortschritt und der Agrarrevolution erreichten immer mehr Kinder das Er­wachsenenalter und zeugten ihrerseits Nachwuchs. Auf dem Höhepunkt 1960 bekam jede Frau auf der Welt im Schnitt 5,5 Kinder. Heute sind es noch 2,3 Kinder. Damit die Bevölke­rungszahl gleich bleibt, braucht es eine Quote von 2,1, in der Schweiz liegt die sogenannte Fertilitätsrate bei 1,5.

Tiefere Kindersterblichkeit ist einer der Hauptgründe für den weltweiten Bevölkerungszuwachs.

Tiefere Kindersterblichkeit ist einer der Hauptgründe für den weltweiten Bevölkerungszuwachs.

Sind wir zu viele?

Diese Frage stellte sich der ­britische Demograf Thomas Malthus bereits 1789, als noch weniger als 1 Milliarde Menschen auf der Welt lebten. Dass eines Tages acht Milliarden ernährt werden könnten, ­hatte er nicht erwartet. Allerdings leiden schon heute laut der Stiftung Welthungerhilfe 828 Millionen Menschen an Hunger. Nicht, weil es zu ­wenig Nahrung gäbe. Vielen fehlt das Geld, um sich Essen zu kaufen. Gleichzeitig landen gemäss Uno jährlich 931 Millionen Tonnen Nahrungsmittel auf dem Müll.

Was bedeutet das Bevölkerungswachstum für das Klima?

Ein Kind mehr auf der Welt sorgt für 58,6 Tonnen CO₂ pro Jahr – zumindest in den Industrienationen. Das berechnete ein kanadischer Forscher 2017. Allerdings verursacht ein Kind in den USA (wo die Bevölkerung schrumpft) ein Vielfaches mehr an CO₂ als etwa ein Kind aus Nigeria (wo die Bevölkerung wächst). Mehr Menschen bedeuten also nicht automatisch einen grösseren ökologischen Fussabdruck.

Wo leben die meisten Menschen?

Noch leben am meisten Menschen in China, nämlich 1,412 Milliarden. Doch schon dieses Jahr könnte Indien zum bevölkerungsreichsten Land werden. Eine Chinesin gebärt heute im Schnitt 1,16 Kinder, eine Inderin 2,03, weshalb Indien mit seiner deutlich jüngeren Bevölke­rung aufholt. Nirgendwo gibt es zurzeit so viele Geburten wie in Indien, vermutlich war auch das achtmilliardste Kind darunter.

Indien könnte noch dieses Jahr zum bevölkerungsreichsten Land der Welt werden.

Indien könnte noch dieses Jahr zum bevölkerungsreichsten Land der Welt werden.

Welche Rolle spielt die Schweiz im Verhältnis?

Würden 1000 Menschen auf der Welt leben, wäre einer aus der Schweiz, 41 aus den USA, 174 aus Indien, 177 aus China, 3 aus Niger und 2 aus Somalia. Ohne Zuwanderung wäre die Schweizer Bevölke­rung seit 1970 geschrumpft.

Wo nimmt die Bevölkerung am meisten zu?

In den Ländern südlich der Sahara: In Niger (6,82), Somalia (6,31), Tschad (6,26) und der Demokratischen Republik Kongo (6,16) gebären Frauen die meisten Kin­der. In Niger wird sich die Bevölkerung laut Schätzungen bis 2035 auf 52 Millionen Menschen verdoppeln.

Wo nimmt die Bevölkerung am meisten ab?

In Europa und Ostasien. Ausser in Monaco (2,11) und auf den ­Färöer-Inseln (2,78) ist die ­Geburtenrate in allen europä­ischen Ländern kleiner als 2,1, weshalb die Bevölkerung ohne Zuwanderung schrumpfen wird. In Spanien und Italien könnten bis 2100 nur noch halb so viele Menschen leben wie heute. Auch in Korea (0,88), China (1,16) und Japan (1,3) wird die Bevölkerung abnehmen.

Auf den Färören Inseln bekommen Frauen mehr Kinder als überall sonst in Europa.

Auf den Färören Inseln bekommen Frauen mehr Kinder als überall sonst in Europa.

Wovon hängt es ab, ob eine Bevölkerung wächst oder schrumpft?

Hauptsächlich von zwei Faktoren:

  1. Die Stellung der Frauen. Wo Mädchen lesen und schreiben lernen, sinkt die Geburtenrate. Diese Frauen werden erst später Mutter und haben weniger Kinder. Sie kennen die gesundheit­lichen Risiken einer Schwangerschaft und haben Zugang zu Ver­hütungsmitteln.
  2. Das Alter der Bevölkerung. Je mehr Menschen im zeugungsfähigen Alter sind, desto stärker wächst die ­Bevölkerung. In Italien ist die Hälfte der Bevölkerung über 47 Jahre alt. Zum ­Vergleich: In Niger ist die Hälfte der Bevölkerung ­jünger als 15 Jahre.

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