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Erdnüsse

Spanische Nüssli aus der Schweiz

Eigentlich wachsen Erdnüsse in Westafrika, Indien und Südamerika. Seit 2021 experimentiert René Wacker im Aargau mit der Hülsenfrucht. Wir haben ihn zur Erntezeit besucht.

Text Ralf Kaminski
Fotos Jorma Müller
Datum
René Wacker mit einer Staude voller Erdnüsse.

René Wacker mit einer Staude voller Erdnüsse.

Das Feld im Folientunnel bei/in Villigen AG sieht unspektakulär aus: kleine grüne Blätter an flach gewachsenen Stauden – es könnte auch irgendwelches Unkraut sein. Doch als René Wacker die Erde lockert und einen Strunk aus dem Boden zieht, hängen da zwischen Wurzeln und Erdklumpen gut ein Dutzend Erdnüsse in ihren markanten Doppelschalen.

Der 60-jährige Verkaufsleiter des Max Schwarz-Zurkinden Bioanbaus in Villigen AG knackt eine der weichen Schalen auf und präsentiert eine bleiche Nuss, die eigentlich ein Samen ist und ein wenig wie eine Bohne riecht. «Es ist eben keine Nuss, sondern eine Hülsenfrucht», erklärt Wacker und rät davon ab, sie ungeröstet zu probieren. «Es hat noch zu viele Bitterstoffe, und wenn man mehrere isst, könnte es Magenprobleme geben.»

Es war Wackers Idee, es mal mit Erdnüssen zu versuchen, obwohl die normalerweise in tropischen Gefilden wachsen. Ermutigt durch erste Erfolge mit anderen Exoten wie Wassermelonen und Reis, schlug er dies im Dezember 2020 an einer Klausursitzung der Unternehmensleitung vor und ging im Frühling 2021 ans Werk.

Experimente dank Klimawandel

«Die erste Ernte letztes Jahr ging allerdings ziemlich in die Hose», erklärt er und lacht. Zwar liess sich durchaus ein bisschen was vom Feld ernten, aber dann gabs Schwierigkeiten beim Rösten und Lagern. «Die Nüsse sahen am Ende viel zu dunkel aus und waren zu hart.» Die zweite Ernte, die derzeit läuft, geht an eine andere Rösterei, die es, so hofft er, besser macht. «Wenn alles gut geht, entstehen am Ende 100 bis 150 Kilo Erdnüsse, die wir dann in unserem Hofladen verkaufen.»

Schwarz Gemüsebau experimentiert schon seit Jahren mit für die Schweiz ungewohnten Pflanzen. Vor rund zehn Jahren ging es mit Reis los – «als Erster auf dieser Seite des Gotthards» –, 2018 kamen Wassermelonen hinzu, dieses Jahr neu auch noch Artischocken. Allen gemeinsam ist, dass sie eigentlich mehr Wärme brauchen als in der Schweiz üblicherweise vorhanden ist. «Vor 20 Jahren wäre das auf jeden Fall noch schwieriger gewesen», sagt der erfahrene Gemüsegärtner, der die Migros schon seit Jahrzehnten beliefert. Doch der Klimawandel eröffne nun neue Möglichkeiten.

Frisch geerntete Erdnüsse, die eigentlich Samen von Hülsenfrüchten sind.

Frisch geerntete Erdnüsse, die eigentlich Samen von Hülsenfrüchten sind.

Im Frühling sei es allerdings oft noch immer zu kühl, weshalb die Erdnüsse und die Artischocken in Folientunnels wachsen, welche die Wärme länger speichern. Beim Reis gab es aus Temperaturgründen 2019 einen Wechsel. «Der Anbau in trockener Erde war schwierig, jetzt bauen wir ihn im Wasser an – dieses hält die Temperatur länger warm.»

Auch bei den Wassermelonen pröbelten sie zwei, drei Jahre bis zum grossartigen Ernteerfolg dieses Sommers: «Die Melonen waren so gut und zahlreich, dass wir sie unter dem Label ‘Aus der Region. Für die Region’ bei der Migros verkaufen konnten. Dank der hohen Temperaturen und der vielen Sonne waren sie wunderbar süss und saftig.» Er hofft, dass künftige Ernten ähnlich erfolgreich sind. «Aber garantiert ist das nie, wir arbeiten mit der Natur, und die ist unberechenbar.»

Teurer als die Importware

Ob es die anderen exotischen Produkte je in die Regale der Migros schaffen, ist noch völlig offen. «Die importierte Ware ist natürlich günstiger – die Kundschaft müsste also bereit sein, für die regionale, biologische Herstellung höhere Preise zu bezahlen.» Bei der Wassermelone hat das diesen Sommer geklappt; sie verdienten zum ersten Mal Geld damit, und Wacker freute sich über die vielen positiven Reaktionen der Kundschaft. «Mit den Importprodukten werden wir aber auch künftig preislich kaum konkurrieren können – dafür sind unsere strukturellen Kosten einfach zu hoch, etwa für Löhne, Dünger oder Versicherungen.»

Das jüngste Experiment auf Wackers Feldern im Aargau: Artischocken.

Das jüngste Experiment auf Wackers Feldern im Aargau: Artischocken.

Während es inzwischen diverse andere Schweizer Produzenten gibt, die mit Reisanbau experimentieren, gehört Wacker mit Melonen, Erdnüssen und Artischocken auf Biobasis zu den Pionieren. «Wir müssen innovativ bleiben, und es eröffnen sich tatsächlich neue Möglichkeiten mit den wärmeren Temperaturen.» Gleichzeitig wird es für einige Produkte schwieriger, die bisher in der Schweiz wuchsen, etwa Eisbergsalat oder Blumenkohl. «Denen wird es zunehmend zu warm hier.» Es werde wohl in den kommenden Jahren zu einigen Veränderungen in den Anbauregionen kommen. 

Welche anderen exotischen Produkte hat der Trendsetter als Nächstes im Auge? Wacker lächelt. «Das verraten wir nicht, aber Ideen haben wir einige.»

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