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Berufsprestige

Arzt top, Küchenhilfe flop

Eine neue Studie zeigt, wie hoch das Ansehen von rund 130 Berufen in der Schweiz ist. Die Tendenz ist eindeutig: Je besser das Einkommen und die Ausbildung, desto höher das Prestige.

Text Ralf Kaminski
Datum
Ein Beruf mit niedrigem Prestige: Büroreinigerin. (Bild: Getty Images)

Ein Beruf mit niedrigem Prestige: Büroreinigerin. (Bild: Getty Images)

Welche Berufe haben besonders gut abgeschnitten?

Ganz oben befinden sich Fachärzte (86 von 100 Punkte), Uniprofessorinnen (85), Direktoren grosser Unternehmen (85), Richterinnen (84) und Piloten (81). Auch Rechtsanwälte (80), Physiker (80), Zahnärztinnen (77), Architektinnen (73), Polizeikommissare (71) und Gymnasiallehrerinnen (70) haben ein relativ hohes Ansehen.

Welche Berufe haben besonders schlecht abgeschnitten?

Ganz unten auf der Liste stehen Küchenhilfen (28), Verpacker (28), Büroreinigerinnen (29) und Wäscherinnen (29). Nur wenig besser angesehen sind Velokuriere (34), Coiffeusen (35), Verkäuferinnen (37), Strassenarbeiter (38), Servierpersonal (39), Fischer (39) und Sekuritaswächter (40).

Wie kam dieses Ranking zustande?

Die repräsentative Studie, an der die Universität Lausanne beteiligt war, basiert auf einer Umfrage von 2019, in der 1675 Personen in der Schweiz nach ihrer Einschätzung zu rund 130 Berufen gefragt wurden. Der Durchschnitt aller Einschätzungen liegt bei 50 Punkten.

So schneiden die einzelnen Berufe ab

Es konnten maximal 100 Punkte vergeben werden. Bei einigen Berufen wurde zwischen selbständig und angestellt unterschieden, bei anderen nicht.

Sehr hohes Prestige
86 Facharzt (selbständig)
85 Uniprofessorin
85 Direktor grosser Unternehmen
84 Richterin
81 Pilot
80 Physiker
80 Rechtsanwalt (selbständig)
78 Rechtsanwalt (angestellt)
77 Zahnärztin
74 Ingenieur für Computerspiele
74 Notarin
73 Architektin (selbständig)
73 Biologin
73  Wirtschaftswissenschaftler
72  Apotheker (selbständig)
72  Architektin (angestellt)
72  Maschinenbauingenieur
71 Bauunternehmer
71 Psychologin (selbständig)
71 Polizeikommissar
70 Gymnasiallehrerin
70 Personalchef

Hohes Prestige
69 Psychologin (angestellt)
68  Berufsschullehrer
67 Augenoptiker (selbständig)
67 Forstingenieurin
66 Leitender Beamter
66 Soziologe
65 Apotheker (angestellt)
64 Geburtshelferin
64 Journalistin
64 Übersetzer (selbständig)
63 Berufsfeuerwehrmann
63 Grundschullehrer
63 Schiffsführer
63 Steuerberaterin (selbständig)
62 Krankenpflegerin
62 Marketingspezialist
62 Zahntechniker
62 Schriftsteller
62 Anlageberaterin (selbständig)
61 Goldschmied (selbständig)
61 Immobilienverwalterin (selbständig)
61 Polizist
61 PR-Spezialist
61 Restaurantleiterin
60 Berufsmusiker
60 Übersetzer (angestellt)

Mittleres Prestige
59 Buchhalter
59 Chemielaborant
59 Elektrotechniker
59 Krippen- oder Kindergartenleiterin
59 Schauspieler
59 Steuerberaterin (angestellt)
59  Uhrmacher
59  Webmaster
59 Winzer (selbstständig)
58 Anlageberaterin (angestellt)
58 Lokomotivführer
58  Sozialarbeiterin
57 Fotograf (selbstständig)
57 Hoch- und Tiefbauzeichner
57 Pfarrer
56 Augenoptiker (angestellt)
56  Elektroniker
56  Zimmermann (selbständig)55 Automechaniker (selbständig)
55 Goldschmied (angestellt)
55 Heizungsinstallateur (selbständig)
55 Feinmechaniker
54 Dentalhygienikerin
53 Arztgehilfin
53 Bäcker (selbständig)
53 Bildhauer
53 Drucker (selbständig)
53  Gärtner (selbständig)
53 Rayonchef
53 Sporttrainer
53 Techniker beim Fernsehen
53 Zöllner
52 Metzger (selbständig)51 Archivar
51 Elektriker
51 Fotograf (angestellt)
51 Kaufmännische Angestellte
51 Landwirt
51 Versicherungsagentin
50 Bauschreiner
50 Koch
50 Schneider (selbständig)
50 Techniker in einer Kläranlage
50 Winzer (angestellt)
49 Baumaler (selbständig)
49 Flight Attendant
49 Handelsvertreter
49 Pflegehelfer
48 Dekorateur
48 Reiseleiterin
48 Zimmermann (angestellt)
47 Automechaniker (angestellt)
47 Dachdecker
47 Heizungsinstallateur (angestellt)
47 Käser
47 Kaminfeger (selbständig)
47 Schlosser
47 Sekretärin
47 Spengler
46 Bäcker (angestellt)
46 Reisebüroangestellte
45 Gärtner
45 Kosmetikerin (selbstständig)
45 Mannequin
45 Maurer
45  Schuhmacher
45 Zugbegleiter

Tiefes Prestige
44 Coiffeuse (selbständig)
44 Drucker (angestellt)
44 Giesser
44 Kaminfeger (angestellt)
44 Rezeptionistin
43 Fahrradmechaniker
43 Holzfäller
43 Metzger (angestellt)
43 Postangestellter
43 Schneiderin (angestellt)
43 Telefonmonteur
42 Metallschleifer
41 Holzpolierer
41 Tagesvater
40 Lastwagenfahrer
40 Securitaswächter39 Fischer
39 Kosmetikerin (angestellt)
38 Servierpersonal
38 Strassenarbeiter
37 Hauswart
37 Landarbeiter
37 Magaziner
37 Verkäuferin
35 Coiffeuse (angestellt)
34 Hausangestellter
34 Velokurier
33 Kassiererin
32 Tankwart
30 Fabrikarbeiter
29 Wäscherin
29 Büroreinigerin
28 Verpacker
28 Küchenhilfe

Welche Kriterien waren entscheidend für das Berufsprestige?

Massgebend für die Positionierung eines Berufs seien Ausbildung und Einkommen, sagt Dominique Joye (67), Soziologe und Studienleiter an der Universität Lausanne. Je höher, desto besser. «Wobei die Bedeutung der Ausbildung in den letzten Jahren eher noch zugenommen hat.»

Gibt es Unterschiede zu früheren Studien?

Die letzte stammt von 2005, und laut Joye hat sich wenig verändert – insbesondere bei den Berufen, die am höchsten und tiefsten bewertet wurden. Interessant sei, dass typische Arbeiterberufe wie Automechaniker (47) oder Maurer (45) heute oft angesehener seien als niedrig qualifizierte Dienstleistungsjobs. Auch gibt es weniger Unterschiede zwischen typischen Männer- und Frauenberufen als früher. «Ob ein Beruf von einem Mann oder einer Frau ausgeübt wird, wirkt sich kaum aus», erklärt Joye.

Wie unterscheidet sich die Einschätzung in der Schweiz von anderen Ländern?

Nicht sehr stark. Aber tendenziell sind in der Schweizer Gesellschaft technische und Pflegeberufe höher angesehen, gering qualifizierte Dienstleistungsberufe hingegen niedriger. Das hängt wohl an der Sonderstellung der Schweizer Berufsbildung, die hierzulande weiterhin ein hohes Ansehen geniesst, während international Jobs ohne akademischen Hintergrund oft weniger gut bewertet werden.

Gibt es unerwartete Resultate?

Obwohl die Fleischindustrie händeringend nach Mitarbeitenden sucht, stehen Metzger mit 43 Punkten besser da als zahlreiche andere Berufsgruppen. Die gerne und oft kritisierten Journalistinnen und Journalisten befinden sich mit 64 Punkten gar im oberen Drittel der Skala, noch vor Pfarrern (57), Sozialarbeiterinnen (58), Schriftstellern (62), Krankenpflegerinnen (62) oder Berufsfeuerwehrleuten (63). Sie alle stehen deutlich besser da als Handwerkerberufe wie Schlosser (47), Dachdecker (47), Gärtner (45) oder Kaminfeger (44).

Wirkt sich das Prestige auch auf die Berufswünsche von Jugendlichen aus?

Vor allem junge Männer wünschten sich eher statushöhere Berufe, sagt Irene Kriesi (53), die an der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung zum Thema Berufswahl forscht. Zudem falle auf, dass die Berufswünsche recht geschlechterstereotyp seien: Mädchen wollen helfen, heilen, erziehen, Buben Dinge bauen oder kontrollieren. Diverse Umfragen zeigen, dass sich die Traumberufe heutiger Kinder und Jugendliche nicht sehr von denen ihrer Eltern unterscheiden: Damals wie heute stehen Ärztinnen, Polizisten, Lehrerinnen und Piloten hoch im Kurs – und nicht etwa Influencerin oder Gamedesigner. «Die Jugendlichen orientieren sich bei ihren Wünschen an Berufen, die sie als erreichbar wahrnehmen und deren Ausbildungswege für sie erkennbar sind», sagt Kriesi.

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