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1960

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«Milch macht manches wieder gut»

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Im Herbst 1959 ersucht die Genossenschaft Basel um die Bewilligung, in ihren Filialen Pastmilch zu verkaufen. Die Antwort lässt sieben Monate auf sich warten, dann entdeckt Rudolf Suter, Direktor der Migros Basel und LdU-Nationalrat, dass zwei Warenhäuser «anstandslos» Pastmilch verkaufen. Das lässt sich Suter nicht gefallen: Er lässt Viertelliter-Packungen Pastmilch verteilen und eine Petition für die Liberalisierung des Milchverkaufs auflegen. Sie wird in kurzer Zeit von 35’000 Leuten unterschrieben. Jetzt trudelt endlich die Bewilligung ein, doch sie sei, so Die Tat, nach «machtpolitischen und lobbyistischen Masstäben» erfolgt: Der Verkauf ist in nur drei Filialen gestattet, und die Milch muss vom lokalen Milchverband bezogen werden. Doch Suter startet den Verkauf in 22 Filialen und bezieht die Milch von der Migros-Genossenschaft Zürich, die erst gerade eine imposante Pastmilch-Anlage gebaut hat. Und weil aller guten Dinge drei sind, unterschreitet er den gesetzlich festgelegten Literpreis von 72 Rappen um 7 Rappen. Als die Behörden Wind von der Aktion bekommen, ordnen sie an, den Milchverkauf umgehend einzustellen, doch Suter macht keine Anstalten dazu. Er wird deshalb vom Polizeirichter mit 200 Franken gebüsst. Sogar die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet über «Duttweilers Milchkrieg in Basel» und meldet, der «streitbare Gründer» der Migros habe «wieder das Kriegsbeil ausgegraben». In Basel informiert ein Inserat der Migros, das Verschenken von Milch sei «nicht verboten». Jeder Kunde könne deshalb «bis zu 1 Liter pro Tag gratis» mitnehmen: «Es ist den Hausfrauen anheimgestellt, das freiwillig zu leisten, was ihren Bezügen für den Familientisch entspricht.» In den Läden werden neben dem Milchregal «Kässeli» aufgestellt und Plakate montiert. Erst als die Behörden Zwangsmassnahmen androhen, wird die Aktion abgeblasen. Es dauert aber weitere drei Jahre, bis sich die Migros und die Milchverbände wirklich wieder vertragen.