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Richte bitte individuelle Anfragen zur Geschichte der Migros an das Historische Firmenarchiv des Migros-Genossenschafts-Bundes.
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Während langer Jahre droht den Kundinnen und Kunden der Migros die gesellschaftliche Ächtung. Besonders in den Dörfern, wo die soziale Kontrolle noch streng ist. Eröffnet die Migros in einer Gemeinde oder in einem Quartier einen Laden, wehren sich die lokalen Lebensmittelhändler mit allen Mitteln gegen den Eindringling, denn sie fürchten um ihre wirtschaftliche Existenz. Unterstützt werden sie von den Gewerbetreibenden, die in den Gemeinden grossen Einfluss besitzen. Eine der wirksamsten Waffen gegen die Migros ist die soziale Ächtung und der Boykott ihrer Kunden. Das wissen 1930 auch die Inhaber des Luzerner «Herren- und Knabenbekleidung Massgeschäfts» Gränicher & Co. Als sie vom «kreditschädigenden Gerücht» erfahren, ihre Frauen würden bei der Migros einkaufen, geben sie sofort ein Inserat im Vaterland auf. Darin beteuern sie, «dass von Angehörigen unserer Familien, weder direkt noch indirekt, je Waren bei der fraglichen auswärtigen Firma bezogen wurden. Wir machen im Gegenteil alle unsere Einkäufe auf dem Platze Luzern bei einheimischen Firmen.» Soziale Kontrolle und drohende Ächtung sind der Grund, warum Migros-Filialen in kleinen Gassen meist besser laufen als solche an belebten Strassen. Viele Hausfrauen verzichten jedoch ganz auf den Einkauf und schicken höchstens ihre Kinder, die man weniger kennt. Auch der Widerstand gegen die Verkaufswagen der Migros ist im Luzernischen gross. So etwa im Luzerner Seetal. Dort fährt 1956 erstmals ein Verkaufswagen der Migros. Die lokalen Gewerbetreibenden boykottieren die Konkurrenz, der Einkauf für die Hausfrauen wird zum veritablen Spiessrutenlauf. Da sie trotzdem am Wagen einkaufen, organisieren die lokalen Gewerbler gar eine Blockade mit ihren Autos. Mit der Zeit werden die Migros-Wagen aber akzeptiert, und im Frühling 1960 verkehrt im Kanton dann sogar der erste Migros-Verkaufswagen mit Selbstbedienung.