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1952

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Migros-Mäzenatentum

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Am 23. Mai 1957 weihen Gottlieb und Adele Duttweiler ein Relief des Bildhauers Otto Charles Bänninger ein. Schulter an Schulter drängen sich die erwartungsfrohen Zuschauer auf dem Marktplatz Oerlikon. Die lokale Blasmusik schmettert ein «vaterländisches Musikstück», dann erklimmt Gottlieb Duttweiler unter «mächtigem Beifall» das Rednerpult. Er freue sich, so beginnt er, dass er hier in Oerlikon «zu Leuten aus dem arbeitenden Volk» sprechen dürfe. Die Migros wolle «freudig, allerdings in bescheidenem Umfang die Mäzen-Rolle der früheren Reichen» übernehmen. Jetzt kommt der Einsatz von Adele Duttweiler. Sie darf an einem Seil ziehen und die Fahnen entfernen, die das Relief des neuen Migros-Markts verhüllen. Es zeigt «eine vom Band der Liebe umschlungene Familie, in deren Mittelpunkt das Kind steht». Laut Duttweiler stellt es auf «sympathische Weise die Familie dar, der die Migros zutiefst verpflichtet ist». Beim Einnachten zerstreut sich die Menschenmenge «unter den Klängen fröhlicher Marschmusik». Der Kunstkritiker der Neuen Zürcher Zeitung überbietet sich am nächsten Tag in sperrigen Umschreibungen: «Die nervöse Rhythmik des durchbrochenen Fassadenrasters gehört der Welt konsequenter Abstraktion, geometrisierender Moderne, der Welt des Errechnet-Konstruktiven an und steht zur Formenwelt Bänningers, die im klassisch-figürlichen Erbe wurzelt, in scharfem Gegensatz.»