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1955

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«Migros gleich Misere»

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Eigentlich würde Gottlieb Duttweiler den Kanton Wallis am liebsten handstreichartig mit ein paar Migros-Verkaufswagen erobern. Weil man ihn eindringlich vor dem Temperament der Walliser warnt. 1951 verfasst er nämlich ein «streng vertrauliches Exposé» über die Expansion ins Wallis. Ganz der alte Haudegen schlägt er darin vor, «überraschenderweise» einige Migros-Wagen ins Wallis zu schicken. Der Direktor der Migros Lausanne rät dringend von diesem Plan ab: «Das Wallis, seine Bevölkerung und seine Behörden sind eigenwilliger, und ihre Reaktionen könnten wegen ihres Temperaments heftiger, ja sogar gewalttätig ausfallen als anderswo, falls die Migros und ihre Vertreter nicht mit dem Fingerspitzengefühl und der Diplomatie vorgehen, die angezeigt sind.» Leicht pikiert akzeptiert Duttweiler, dass als Erstes ordnungsgemäss Läden eröffnet werden. Dass der «Walliser Charakter» etwas hitziger sein kann, zeigt sich 1968: Bäuerinnen besetzen die Migros-Filiale Martigny, um gegen die niedrigen Aprikosenpreise der Migros zu protestieren, während ihre wütenden Männer die Kantonsstrasse mit Traktoren blockieren. Die Manifestation verläuft laut Polizei «würdig und diszipliniert», und Blick berichtet am nächsten Tag: «Der sintflutartig niederstürzende Regen verwässerte die Fendant-Pullen und kühlte jede aufkommende Hitzköpfigkeit.»