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Ein Herr hält ein Mikrofon und spricht vor der Delegiertenversammlung

Delegiertenversammlung

Die Alkohol-Frage geht in die nächste Runde

Wein, Bier und Schnaps in den Regalen der Migros? Die Delegiertenversammlung der Migros hat am Samstag mit der notwendigen Mehrheit entschieden, diese Frage in die regionalen Genossenschaften weiterzugeben und damit die Möglichkeit von Urabstimmungen zu eröffnen. Vorausgegangen war eine engagierte und passionierte Debatte.

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Kian Ramezani
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Severin Novacki
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Das Traktandum mit der grössten Brisanz hatten sich die 110 Delegierten für den Schluss aufgespart. Pünktlich um 11.20 Uhr war es so weit: Marianne Meyer, Präsidentin der Delegiertenversammlung, eröffnete die Debatte zur Frage, ob die Migros ihr stationäres Alkoholverkaufsverbot aus den Statuten streichen soll. Genauer: ob die 2,2 Millionen Genossenschafterinnen und Genossenschafter der Migros in einer Urabstimmung darüber befinden sollen. Marianne Meyer betonte zu Beginn noch einmal, worum es bei der bevorstehenden Abstimmung ging: Wollen die Delegierten den regionalen Organen der Genossenschaften die Möglichkeit einräumen, die Frage nach der Aufhebung des stationären Alkoholverkaufsverbots weiter zu behandeln? Nur darum ging es laut Meyer an diesem Samstag. Die persönliche Haltung der Delegierten in der Alkoholfrage solle bei dieser Frage hingegen keine Rolle spielen.

Ein für alle Mal klären

Als erste Rednerin trat Ursula Nold, die Präsidentin der Verwaltung des Migros-Genossenschafts-Bunds (MGB), ans Pult: «Ich muss Ihnen gestehen, als ich zum ersten Mal davon hörte, dass dieser Antrag eingereicht wurde, musste ich leer schlucken», sagte sie. Doch es sei der Verwaltung schnell klar geworden, dass die Debatte um dieses «heisse Eisen» auch eine Chance sein kann. «Wir können diese immer wieder auftauchende Frage nun ein für alle Mal klären», sagte sie. Wichtig sei, dass dies basisdemokratisch in Form einer ordentlichen Urabstimmung mit verbindlichem Resultat geschehe. Dies hätte auch Gottlieb Duttweiler zugesagt, fügte sie an. Es war das erste aber nicht das einzige Mal, dass der Name des Migros-Gründers und Alkoholverkaufsverbots-Begründers in dieser Debatte fiel.

Nold betonte weiter, dass das Alkoholverkaufsverbot in der Nachkriegszeit aus Gründen der Volksgesundheit und der gesellschaftlichen Verantwortung der Migros eingeführt wurde. Die Migros ist in vielen Bereichen über ihr freiwilliges gesellschaftliches Engagement sehr aktiv», so Nold. Damit war die Debatte unter den Delegierten eröffnet. Eine der ursprünglichen Initianten des Antrags warb in ihrer Wortmeldung um ein Ja zu den Urabstimmungen in den regionalen Genossenschaften und begründete auch ihre Motivation, diesen Antrag mit vier anderen Delegierten eingereicht zu haben. Fakt sei, dass einige das Ansinnen als «Verrrat an Dutti» empfänden. Andere wiederum hielten das Gebaren der Migros als unglaubwürdig, weil an zahlreichen Stellen innerhalb der Gruppe, namentlich auf Migros Online und bei Denner, durchaus Alkohol verkauft werde.

Auch gab sie zu bedanken, dass beim Thema Volksgesundheit kaum noch jemand an Alkohol denke. Zucker, Diabetes, Einsamkeit, dies seien die drängenden Themen. Natürlich könne Alkohol auch als Suchtmittel missbraucht werden, doch die übergrosse Mehrheit konsumiere ihn heute als Genussmittel – wie dies auch Gottlieb Duttweiler getan habe.

Der Saal mit den Delegierten, sitzend, von hinten
Die Delegiertenversammlung fand unter Einhaltung der Abstandsregeln statt.© Severin Novacki

Gibt die Migros ein Alleinstellungsmerkmal auf?

Ein Delegierter aus der Genossenschaft Aare fand im Gegensatz zu seinen Vorrednerinnen, die Delegiertenversammlung solle diese «heisse Kartoffel» nicht einfach weiterreichen und bereits heute entscheiden, dass das Alkoholverkaufsverbot bestehen bleibe. Die Delegierten seien fürs Entscheiden gewählt, nicht zum Weiter-Delegieren. Die Migros habe damals freiwillig auf den Umsatz aus dem Alkoholverkauf verzichtet. Dies mache die Migros einzigartig. Dieses Alleinstellungsmerkmal im Schweizer Detailhandel und bekannten Wert der Migros nun ohne Not aufzugeben, ergebe für ihn keinen Sinn und würde die Migros schwächen.

Nach einer Replik eines der Initianten, auch die Demokratie sei ein Wert der Migros, war die Debatte nach ziemlich genau einer Stunde beendet und Präsidentin Marianne Meyer rief zur Abstimmung auf. Für eine Annahme müssten mindestens zwei Drittel der 110 Delegierten mit Ja stimmen, also 74. Die Abstimmung erfolgte elektronisch und geheim, nach zwei Minuten wurde das Ergebnis eingeblendet: 85 Ja, 22 Nein, 3 Enthaltungen. Unter Applaus der Anwesenden erklärte Marianne Meyer die Annahme. «Für mich ist das ein starker Beweis für unsere Demokratie in der Migros. Wie kein anderes Unternehmen verfügen wir über demokratische Strukturen, die zeigen, dass wir Mitbestimmung ernst nehmen», sagte sie.

Marianne Meyer am Rednerpult
Marianne Meyer führte als Präsidentin souverän durch die Delegiertenversammlung.© Severin Novacki

Zum Schluss erläuterte Ursula Nold, wie es jetzt weitergeht. Bis Anfang Dezember entscheiden die verschiedenen Organe der regionalen Migros-Genossenschaften, ob sie die Frage ihren Genossenschafterinnen und Genossenschaftern in einer Urabstimmung vorlegen möchten. Sollte dies der Fall sein, würden diese im Juni nächstes Jahr stattfinden. Der Migros-Gemeinschaft könnte also ein bewegtes 2022 bevorstehen.

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