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Portrait von Philipp Agustoni (aktueller CEO) und Manuel Landolt (aktuell COO der Migros Fachmarkt AG)

Arbeitswelt

Wie geht’s jetzt weiter mit Micasa?

Die Migros trennt sich von Möbelhändlerin Micasa. Neu werden der bisherige CEO Philipp Agustoni und Migros-Manager Manuel Landolt die Geschäfte eigenständig weiterführen. Was haben sie vor? Ein Interview.

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Jörg Marquardt
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Dan Cermak
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Interview

Waren Sie überrascht vom Entscheid der Migros, Micasa zu verkaufen?

Philipp Agustoni: Nein, es hat sich schon länger abgezeichnet, dass Micasa nicht mehr ins Portfolio passen würde, wenn die Migros ihren Fokus auf den Supermarkt legen will.

Manuel Landolt: Für diesen Fall haben wir ein Szenario erarbeitet, wie wir Micasa als unabhängige Geschäftseinheit weiterführen könnten.


Wie haben Sie zueinander gefunden?

Landolt: Durch die gemeinsame Arbeit in der Migros Fachmarkt AG. Wir verstanden uns auf Anhieb und merkten schnell, dass wir ähnliche Werte teilen. Als Unternehmer ergänzen wir uns gut: Philipp bringt viel Einkaufserfahrung und Möbelexpertise mit, ich viel Erfahrung im strategischen und operativen Geschäft.


Wie viel haben Sie für Micasa bezahlt?

Agustoni: Über die Kaufsumme haben wir Stillschweigen vereinbart.


Und woher kommt das Geld?

Agustoni: Wir haben Investoren aus Deutschland und Österreich an Bord, die Familien Brandstetter-Finger und Wiest. Zusammen bilden wir das neue Besitzerkonsortium.


Wie konnten Sie die Investoren überzeugen?

Agustoni: Das brauchten wir gar nicht. Sie sind im Zuge der Veräusserung auf die Migros zugekommen. Wir haben ihnen unsere Geschäftsidee präsentiert, und es hat sofort gematcht. Unsere Investoren bringen viel Erfahrung beim Herauslösen von Geschäftseinheiten mit. Zusammen mit unserer Möbel-Expertise entsteht eine optimale Symbiose.


Was versprechen Sie sich von der Eigenständigkeit?

Agustoni: Das ist eine Riesenchance. Bisher haben wir etwa die Logistik und IT der Migros genutzt, die nicht speziell auf unsere Bedürfnisse als Möbelhändler zugeschnitten ist. Zudem sind unsere Mitarbeitenden derzeit noch in den einzelnen Genossenschaften angestellt. Indem wir alles in der Micasa AG bündeln, werden wir effizienter und schneller.


Das tönt fast so, als würden Sie Ballast abwerfen.

Agustoni: In gewisser Weise schon. Bei zehn Genossenschaften und einer Zentrale sind viele Leute involviert, jeder vertritt eigene Interessen und Ziele. Künftig können wir das Geschäft nach unseren Vorstellungen gezielt voranbringen.


Für wie lange?

Landolt: Unser Businessplan ist auf fünf Jahre angelegt. Wir sehen Micasa als langfristiges Projekt.

Agustoni: Es gibt keine Exitstrategie. Sollten wir erfolgreich sein, gibt es für uns keinen Grund aufzuhören.

Unser Businessplan ist auf fünf Jahre angelegt. Wir sehen Micasa als langfristiges Projekt.

Manuel Landolt, operativer Leiter in der Migros Fachmarkt AG

Womit sind Sie aktuell beschäftigt?

Landolt: Wir bauen die neue Organisation auf, sprich: neue IT, neue Logistik, neue Finanzabteilung, neues Personalwesen und so weiter. Das ist eine Operation am fahrenden Zug, weil das Geschäft unverändert weiterläuft.

Agustoni: Unsere Kundschaft soll möglichst nichts davon mitbekommen.


Dürfen Sie den Markennamen «Micasa» unbegrenzt weiternutzen?

Agustoni: Ja, das haben wir rechtlich geklärt. Micasa bleibt Micasa. Die Marke ist hervorragend etabliert. Eine Namensänderung wäre eine «Mission impossible».


Die Migros trennt sich von ihren Fachmärkten, weil das Ladengeschäft in den letzten Jahren gegenüber dem Onlinehandel stark eingebüsst hat. Warum halten Sie daran fest?

Agustoni: Physische Läden bleiben im Möbelhandel unverzichtbar, auch wenn das Wachstum heute online stattfindet. Kundinnen und Kunden schätzen es, Stoffmuster im Laden anzuschauen oder Sofas Probe zu sitzen. Wir bieten daher die ganze Klaviatur: einen starken digitalen Kanal, grössere Läden mit umfassendem Sortiment und kleine Läden an Orten mit hoher Kundenfrequenz, etwa in Shoppingcentern.

Landolt: Viele Leute fahren heute nicht mehr extra raus in die Agglomeration, um in einem riesigen Möbelcenter einzukaufen. Das spüren vor allem die grossen internationalen Anbieter.


Gleichzeitig ist der Gesamtmarkt für Möbel und Einrichtungen in den letzten Jahren geschrumpft. Wie wollen Sie gegen die grossen Player wie IKEA oder XXXLutz bestehen?

Agustoni: Wir sind bestens aufgestellt. Die Marke Micasa ist sehr bekannt und geniesst ein hohes Vertrauen in der Schweiz. Mit unserem Laden-Mix und einem starken digitalen Kanal können wir unsere Kundinnen und Kunden optimal bedienen.


Wird es zu Standortschliessungen kommen?

Landolt: Bis zur Übernahme werden einige wenige Filialen durch die zuständigen Genossenschaften geschlossen. Wir übernehmen 30 Filialen und planen derzeit keine Schliessungen. Im Gegenteil, mittelfristig sehen wir sogar ein Entwicklungspotenzial bei den kleinen Läden.


Wo steht Micasa in zehn Jahren?

Agustoni: Wir sind weiterhin das führende Schweizer Einrichtungshaus, das mit einer hochwertigen und langlebigen Produktvielfalt, einem attraktiven Preis-Leistungsverhältnis und einem klaren Bekenntnis zu gutem Schweizer Design die Kunden begeistert.

Landolt: Meine Vision ist, dass wir Micasa mit einer starken Team-Kultur in eine erfolgreiche Zukunft führen.


Haben Sie ein Lieblingsmöbel von Micasa bei sich zuhause?

Agustoni: Ja, ein Harrison-Sofa. Es hat ein zeitloses Design und eine Top-Qualität – dem können selbst meine Kinder nichts anhaben.

Landolt: Ich habe meiner Frau zu Weihnachten den Stoffsessel Andres geschenkt, weil unsere Kinder oft das Sofa blockieren. Mittlerweile sitze ich aber am meisten auf dem Sessel, weil er so bequem ist.

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