Sozialstandards
Menschenrechtliche Sorgfalt
Seit der Gründung engagiert sich die Migros für soziale Angelegenheiten und eine verantwortungsvolle Marktwirtschaft. Die Achtung der international proklamierten Menschenrechte ist für uns eine Selbstverständlichkeit und die menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung ein wichtiger Bestandteil unserer Geschäftstätigkeiten. Wir orientieren uns diesbezüglich an den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen, den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, den ILO-Kernarbeitsnormen sowie weiteren internationalen Instrumenten.
Wir arbeiten täglich darauf hin, die genannten Rahmenwerke in allen Bereichen unserer Geschäftstätigkeiten zu respektieren und unsere menschenrechtliche Sorgfaltspflicht konsequent wahrzunehmen. Die menschenrechtliche Grundsatzerklärung der Migros vertieft unser Vorgehen in diesem Thema und erläutert den Anwendungsbereich und die Umsetzung:
Geprüfte Arbeitsbedingungen bei unseren Lieferanten
Sichere Arbeitsplätze oder die Bezahlung des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohns sind weltweit keine Selbstverständlichkeit. Um sicherzustellen, dass unsere Waren von Lieferanten stammen, die ihren Mitarbeitenden sozialverträgliche und sichere Arbeitsbedingungen bieten, evaluieren wir unsere Lieferketten aktiv und setzen Sozialstandards risikobasiert um.
Warum Sozialstandards gerade bei Importprodukten wichtig sind
In der Schweiz sorgen gesetzliche Grundlagen sowie deren effektive Umsetzung für sichere und sozialverträgliche Arbeitsbedingungen. Das ist nicht in allen Ländern garantiert. Verstösse im Bereich der Sozialstandards finden wir vorwiegend bei importierten Produkten, die aus sogenannten Risikoländern stammen. Dazu zählen Staaten, in welchen den Behörden zum Beispiel die Ressourcen fehlen, die Einhaltung von Arbeitsgesetzen in den Fabriken oder auf den Feldern effektiv zu überprüfen und sicherzustellen. Hier kommen wir ins Spiel: Über verschiedene internationale Standards gewährleisten wir, dass soziale Mindestanforderungen bei der Herstellung und im Anbau von importierten Produkten aus Risikoländern eingehalten werden.
So setzen wir Sozialstandards um
Unser wichtigster Standard ist der amfori BSCI, den wir 2003 mitgegründet haben – mit dem Ziel, die sozialen Bedingungen in den weltweiten Lieferketten zu verbessern. Der Initiative gehören weltweit weit über 2000 Unternehmen an. Mehr als fünf Millionen Mitarbeitende in den Zulieferbetrieben profitieren dank amfori BSCI von verbesserten Arbeitsbedingungen.
Der amfori BSCI-Verhaltenskodex deckt folgende Themen ab:
- Das Recht der Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen
- Keine Diskriminierung
- Angemessene Vergütung
- Zumutbare Arbeitszeiten
- Arbeitsschutz
- Keine Kinderarbeit
- Besonderer Schutz für jugendliche Arbeitnehmer*innen
- Keine prekäre Beschäftigung
- Keine Zwangsarbeit
- Umweltschutz
- Ethisches Wirtschaften
Lieferanten, die im Rahmen der Risikoanalyse als relevant identifiziert wurden, werden durch anerkannte Auditfirmen regelmässig geprüft.
Wird im Rahmen eines solchen Audits Verbesserungspotenzial festgestellt, definieren wir gemeinsam mit dem Lieferanten konkrete Massnahmen. Darüber hinaus werden die Lieferanten von amfori BSCI mit Schulungen und Workshops unterstützt.
Mit GRASP nutzen wir ein Prüfsystem zur Verbesserung der sozialen Praktiken in der Landwirtschaft.
Viele Länder im europäischen Raum werden nach der Beurteilung von amfori BSCI nicht als Risikoländer eingestuft. Trotzdem gibt es insbesondere in der Produktion von Früchten und Gemüse Verbesserungspotenzial bei den Arbeitsbedingungen. Deshalb verlangen wir in bestimmten Ländern die Umsetzung von GlobalG.A.P. GRASP.
Die sozialen Anforderungen von GlobalG.A.P. GRASP umfassen zum Beispiel schriftliche Arbeitsverträge, angemessene Arbeitszeiten und Löhne sowie einen aktiven Dialog zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden zum Thema Arbeitsbedingungen.
Wir positionieren uns entschieden gegen jegliche Form von Zwangsarbeit und führen, im Sinne des amforiBSCI Verhaltenskodex, nur Beziehungen zu Partnern, die sich ebenfalls gegen jegliche Art von Zwangsarbeit stellen. Dabei schliesst Zwangsarbeit jede Form von moderner Sklaverei, Menschenhandel oder unfreiwilliger Arbeit mit ein.
Zur Einschätzung und Abwendung verfolgen wir einen risikobasierten Ansatz. Im Falle einer Verletzung unseres Verhaltenskodex' durch einen direkten oder indirekten Partner in unserer Lieferkette fordern wir eine sofortige Beendigung jeglicher Form von Zwangsarbeit, die durch eine Nulltoleranzstrategie umgesetzt wird. Verbesserungsmassnahmen werden umgehend eingeleitet und, wo diese nicht zur Behebung der Situation führen, können Massnahmen bis zur Beendigung der betreffenden Geschäftsbeziehung folgen.
Befähigung: Weil faire Arbeitsbedingungen allen nützen
Wir streben mit unseren Lieferanten eine Partnerschaft auf Augenhöhe an. Wo nötig wird eine kontinuierliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen gemeinsam erarbeitet. Die Befähigung der Mitarbeitenden wie auch die Weiterbildung von Führungskräften der Fabriken oder landwirtschaftlichen Betriebe liegen uns besonders am Herzen. Dabei liegt der verantwortungsvolle Umgang mit Angestellten und Ressourcen im Interesse aller: Eine korrekte Entlohnung, Überstunden im gesetzlichen Rahmen und verbesserte Arbeitssicherheit zahlen sich aus. Sie steigern das Engagement der Belegschaft und minimieren Arbeitsunfälle. Durch Ansätze wie «Worker Involvement Trainings» zur Förderung des Sozialdialogs, partizipative Studien im Gartenbau in Spanien oder die Bereitstellung von digitalen Lern-Tools für Arbeiter*innen fördern wir aktiv die Befähigung entlang der Lieferkette.
Beispielsweise helfen wir seit 2016 Produzent*innen mit dem digitalen Lern-Tool Quizrr und Workshops dabei, ihre Mitarbeitenden zu stärken und fortzubilden. Befähigungsaktivitäten zu Themen wie der Rolle als Arbeitende*r, der Rechte und Verantwortungen oder der individuellen Situation als migrantische Arbeitende. Z.B. wird damit konkret das Wissen über die Arbeitssicherheit, Gesundheit, Feuer- und Gebäudesicherheit geschult oder der Umgang mit der Entlohnung, Arbeitspraxis oder dem Dialog mit Arbeitgebenden gefördert.
Ein existenzsicherndes Einkommen: Arbeiten für einen angemessenen Lohn
Neben der Voraussetzung der Bezahlung des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohns, setzen wir uns auch für die Verbesserung von Löhnen in unseren Lieferketten ein, damit diese einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen. Das Konzept des existenzsichernden Einkommens findet zunehmend internationale Anerkennung, die mit einer wachsenden Verfügbarkeit von lokalen Benchmarks einhergeht. Im Sinne der Global Living Wage Coalition (GLWC) verstehen wir unter einem existenzsichernden Einkommen den Verdienst, den ein*e Arbeitnehmer*in für eine normale Arbeitswoche an einem bestimmten Ort erhält und der ausreicht, um sich und der Familie einen angemessenen Lebensstandard zu ermöglichen. Dies umfasst Nahrung, Wasser, Wohnung, Bildung, Gesundheitsfürsorge, Transport, Kleidung und andere Grundbedürfnisse, inklusive Vorkehrungen für unerwartete Ereignisse. Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz, der den Rahmen zu zielführenden Lohnverhandlungen ermöglicht und zu praktischen Lösungen für einen angemessenen Lebensstandard beiträgt:
- Monitoring der Arbeitsbedingungen
- Identifikation von Lohnlücken
- Förderung des Sozialdialogs in Fabriken
- Durchführung von Pilotprojekten mit langfristigen Lieferanten
- Stakeholderdialog mit NGOs und Partnern

Gezielte Fabrikkontrollen
Bei Lieferanten mit kleinen Bestellmengen oder wenigen Beschäftigten führen Spezialist*innen unserer Beschaffungsbüros in Hong Kong und Indien Fabrikkontrollen im asiatischen Raum durch. Wie beim amfori BSCI Standard ist das Ziel eine Bestandsaufnahme vor Ort und wo nötig Massnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Auch die kleineren Lieferanten dürfen so auf die Unterstützung von erfahrenen Spezialist*innen zählen.