Wie schaffen wir es, nachhaltiger einzukaufen? Eine Gymiklasse aus Liechtenstein macht die Probe aufs Exempel – mithilfe des M-Checks, der über die Umweltfreundlichkeit von Produkten Aufschluss gibt. Ihre Erfahrungen.
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Cilgia Grass, Ringier Brand Studio
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Valeriano Di Domenico
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Um 7.40 Uhr an einem Montagmorgen: Es regnet in Strömen, als wir beim Liechtensteinischen Gymnasium in Vaduz vorfahren. Wir sind mit Elvira Schoch verabredet – und mit ihrer Klasse, der 7Ws. 7 steht dabei fürs Abschlussjahr, W für Wirtschaft und s für Sport. Wir sind also bei einer Sportklasse zu Gast. Mit dieser wollen wir über ein Projekt sprechen, das sie während der letzten vier Monate beschäftigte: eine Challenge zur nachhaltigen Ernährung.
Die Challenge ist Teil einer Jahres-Challenge der ganzen Schule mit dem Motto «Gesunde Ernährung für Mensch und Umwelt». Begründet liegt sie im Lehrplan. «Ein Bereich ist dort die ‹Bildung für nachhaltige Entwicklung› – kurz BNE – mit fächerübergreifenden Themen wie natürliche Umwelt und Ressourcen oder Gesundheit», hatte uns Elvira Schoch bereits im Vorfeld erklärt.
Die Lehrerin holt uns beim Eingang ab und führt uns durch ein Labyrinth von Gängen ins Schulzimmer. «Hier haben früher Fratres, also Mönche, geschlafen», erklärt sie. Die Ordensbrüder mussten vor dem Nationalsozialismus fliehen und gründeten 1937 das besagte Gymnasium.
Von der trüben Stimmung, die draussen herrscht, ist im Klassenzimmer nichts zu spüren. Elf aufgeweckte 18-Jährige und Fast-18-Jährige sitzen im Halbkreis und schauen gespannt, als wir den Raum betreten. Sofort sticht ein Plakat ins Auge: «Regional, saisonal, klimaneutral – triff die richtige Wahl», steht als Titel obendrüber. Es ist das Plakat, auf dem Elvira Schoch und ihre Klasse ihre Schwerpunkte für die Challenge notiert haben: regional und saisonal einkaufen, individuell den Fleischkonsum sowie Foodwaste reduzieren – und Sterne sammeln.
Wie bitte, Sterne sammeln? «Ja. Ich wurde auf den M-Check der Migros aufmerksam, bei dem Produkte anhand von Sternen bezüglich ihrer Nachhaltigkeit bewertet werden. Je mehr Sterne, desto nachhaltiger ist das Produkt. Fünf Sterne sind das Maximum», erklärt Schoch. Ein gutes und auch transparentes Messinstrument für die Challenge, befanden sie und ihre Klasse.
Nach einer Einstiegsphase dokumentierten die Teilnehmenden – auf freiwilliger Basis – drei Monate lang ihre Einkäufe mittels Fotos von Kassenzetteln und Kühlschrankinhalt. Dabei achteten sie darauf, wie viele Sterne bei den Einkäufen jeweils zusammenkamen. «Wir haben auf das Tierwohl und die Klimaverträglichkeit fokussiert.» Für die Auswertung haben die Teilnehmenden individuell die 20 Produkte ins Visier genommen, die sie am häufigsten kaufen. Auf einem Plakat hielten sie danach die Sternenanzahl mittels Stempeln fest. Blau für Tierwohl, grün für die Klimaverträglichkeit. «Die gestempelten Sterne sind der Durchschnittswert der Produkte. Sie zeigen, dass sich einige von 3 auf 4,5 Sterne steigern konnten.»
Fynn gehört zu denen, deren Bilanz sich verbessert hat. «Mir als Neuling haben die Sterne sehr geholfen. Ich wusste nicht so viel über die Produkte. Dank ihnen hatte ich eine gute Kategorisierung», erzählt der Nachwuchs-Volleyballer. Am meisten erstaunt habe ihn, dass Bio-Mangos und Bio-Avocados bei der Klimafreundlichkeit fünf Sterne haben, also klimafreundlich eingestuft sind. «Ich habe dann erfahren, dass sie per Schiff kommen. Würden sie mit dem Flugzeug geliefert, wäre das nicht so.» Mangos gönnt er sich dennoch nur ab und zu. Dann freut er sich aber darauf, weil sie eine Abwechslung zu den regionalen Früchten darstellen. Seinen Fleischkonsum hat Fynn auf maximal zweimal pro Woche reduziert. Vorher waren es drei- bis fünfmal. «Statt Salami-Sandwiches esse ich jetzt Studentenfutter in der Pause.»
Auch sein Zwillingsbruder Michel, der in derselben Klasse und ebenfalls ein Volleyball-Talent ist, hat während der Challenge weniger Fleisch gegessen. «Es ist nicht ganz einfach, aber ich habe mich wohlgefühlt. Und ich habe trotzdem noch viel Energie gehabt, was man beim Sport auch braucht.» Die Challenge sei zur Familien-Challenge geworden, sagt er weiter. Das Kochen sei mit weniger Fleisch aber schwieriger geworden, weil viele Optionen wegfallen. «Wir haben dann auf verschiedene Reisarten umgestellt und viel Gemüse gegessen. Es gab oft Eier und Linsen. Und Superfoods wie Quinoa. Das gibts sogar aus der Region.» Auch nach der Challenge möchte er so weiterfahren. «Vielleicht aber etwas weniger konsequent in der Umsetzung.»
Sarah, ebenfalls eine talentierte Volleyballerin, fiel die Umstellung leicht. «Wir haben in unserer Familie schon immer auf Regionalität und Bio geachtet», meint sie. Fleisch isst sie zwar vier- bis fünfmal pro Woche. «Aber halt viel weniger. Zum Beispiel nur noch ein Viertel einer Pouletbrust aufs Mal.» So reicht eine Pouletbrust viel weiter. Allfällige Reste gehen in ihrer Familie zudem schnell weg. Bananen konsumiert Sarah nicht mehr das ganze Jahr hindurch und Himbeeren nur mehr saisonal. Ihr Neni – also Grossvater – und sie sind oft im Garten anzutreffen. «Das ist eine super Art, um nachhaltig zu sein. Und auch kostengünstig. Ich empfehle daher allen ein Hochbeet mit Salat, Gurken und Tomaten.» Vom M-Check ist auch sie überzeugt. «Damit ist es viel einfacher, nachhaltig einzukaufen. Unter Logos wie beispielsweise Bio kann man sich nicht viel vorstellen.»
Auch Michelle, die während der Challenge einen Monat lang vegetarisch lebte und jetzt nur noch wenig Fleisch isst, findet den M-Check nützlich. «Weil man auf den ersten Blick sieht, wie nachhaltig etwas ist. Er ist sehr übersichtlich, und ich muss mich nicht gross über das Produkt informieren», sagt die Schwimmerin. Ihr Lieblingsprodukt sei die laktosefreie Milch von aha!. Sie hat in den Kategorien Klimaverträglichkeit und Tierwohl je vier von fünf Sternen. «Die kommt bei uns jeden Morgen auf den Tisch!»
Dario nickt. Bei ihm ist das auch so. «Und ich mag auch den laktosefreien Rahm», ergänzt der Judoka, der vom letzten Wettkampf noch ein leicht blaues Auge hat. Durch die Challenge habe er gemerkt, dass er sehr viel Fleisch esse. «Das konnte ich reduzieren», sagt er. Im Grossen und Ganzen sei er positiv vom Projekt überrascht. «Ich werde auch in Zukunft darauf achten, regional einzukaufen und bewusster zu essen.»
Auch bei Elvira Schoch hat sich durch die Challenge etwas getan. «Es ist zwar nicht so, dass ich bei den Produkten jeweils die Anzahl Sterne vergleiche, aber ich achte beim Einkaufen noch bewusster auf Bio.» In ihrem Einkaufskorb findet man daher neu unter anderem Bio-Kamillentee, Bio-Rüebli, Bio-Joghurt und Bio-Butterzopf. «Und beim Fleisch kaufe ich eher Poulet als Kalbfleisch, weil das eine bessere Bilanz hat bei der Klimafreundlichkeit.» Die Challenge fand auch sie lehrreich. «Ich bin gespannt, was wir in Zukunft alles beibehalten werden!»
4 Fragen an Christine Zwahlen, M-Check-Verantwortliche bei der Migros
Auf welchen Produkten ist der M-Check zu finden? Auf allen unseren Eigenmarken. Diese machen rund 80 Prozent unseres Sortiments aus. Wir haben schon über 30’000 Produkte auf diese Weise transparent bewertet. Diese Werte sind bereits online auf migros.ch einsehbar. Bis 2025 sollen sämtliche Eigenmarkenprodukte auch im Laden mit einem M-Check ausgelobt werden.
Warum gibt es den M-Check nur auf Eigenmarken? Da wir bei Fremdmarkenprodukten keine Markenrechte besitzen, können wir bei anderen Herstellern nicht einfach etwas auf die Verpackung drucken. Im Sinn einer umfassenden Transparenz wäre es aber auch für uns wünschenswert, wenn andere Hersteller unsere Methodik für die Produktbewertung für Nachhaltigkeit übernehmen würden.
Ist der M-Check nicht nur ein Marketing-Gag? Nein! Jede Dimension der Nachhaltigkeit wurde mit externen Partnern erarbeitet, darunter die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL sowie die Ökobilanzfirmen intep und Carbotech. Die Verpackungsdimension wurde ausserdem von der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa verifiziert. Bei allem, was das Klima betrifft, arbeiten wir mit der unabhängigen Stiftung myclimate zusammen.
Gibt es M-Check-Produkte auch schon für wenig Geld? Ja! Es gibt diverse M-Budget-Produkte, mit denen man sparen und gleichzeitig Sterne sammeln kann. Zum Beispiel Milch, Müesli oder Teigwaren.
Meh für d'Schwiiz
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