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Eiffelturm in Paris

Nachhaltig Reisen

«Tourismus kann auch viel Gutes bewirken»

Nachhaltiges Reisen sei vielen Leuten wichtig, sagt Laura Meyer, CEO von Hotelplan. Sie erklärt, wie das möglich ist – auch wenn es weiter weg gehen soll.

Von
Rahel Schmucki
Datum
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Interview

Laura Meyer, wohin ging Ihre letzte private Reise?

Ich bin mit meinem Mann und meinen zwei Kindern für zwei Wochen nach Island gereist. Da haben wir mit dem Camper das Land erkundet. 

Sie versuchen, viele Reisen mit dem Zug zu machen. Nach Island ist das aber nicht ­möglich. Wie ­gehen Sie damit um?

Meiner Familie ist es wichtig, ­bewusste Entscheide zu treffen. ­Manche Orte sind gut mit dem Zug erreichbar, andere nicht. In den Frühlingsferien fuhren wir zum ­Beispiel mit dem Zug nach Paris. Aber wir gehen gern an neue Orte, und da kommt man mit dem Zug ­irgendwann an eine Grenze.

Haben Sie die Reise nach Island kompensiert?

Ja, wir haben für die Hälfte der Reise für SAF – einen nicht fossilen Kraftstoff für Flugzeuge – bezahlt und für die andere Hälfte Klimabeiträge bei Myclimate geleistet.

Ist Nachhaltigkeit ein Thema bei den Kundinnen und Kunden?

Dazu gibts spannende Studien: Von allen Befragten geben 80 Prozent an, ihnen sei Nachhaltigkeit beim Reisen wichtig. 40 Prozent sagen, wirklich darauf zu achten, und ein ziemlich viel kleinerer Anteil, er sei bereit, etwas dafür zu bezahlen. Bei der Hotelplan Group beobachten wir dasselbe. Ausserdem wollen die Leute noch weite Reisen unternehmen, obschon Zugreisen gefragter als früher sind.

Portrait von Laura Meyer

Kann man jede Reise nachhaltig gestalten, oder muss man einfach auf gewisse Destinationen verzichten?

Man kann bei jeder Reise auf die Nachhaltigkeit achten. In Bezug auf die CO₂-Emissionen macht natürlich die Mobilität den grössten Teil aus. Dann gibt es aber noch andere ­Fragen, die man sich stellen kann.

Die wären?

Wähle ich eine Unterkunft mit Nachhaltigkeitszertifikat? Nehme ich am Ziel den Zug, oder miete ich ein Auto? Man kann sich etwa auch für ein E-Auto entscheiden. Welche Aktivitäten plane ich? Gehe ich mit einem Jeep auf eine Tour, oder mache ich eine Velotour? Miete ich einen Jetski, oder mache ich eine ­Kanutour? Mit diesen Entscheidungen kann man die Grösse des Fussabdrucks auch verändern.

Und wer schaut auf Nachhaltigkeit?

Wir beobachten, dass eher Kundinnen und Kunden mit teureren Reisen Klimabeiträge leisten. Den grössten Unterschied sehen wir aber zwischen Onlinebuchung und Buchung direkt in der Filiale. In den Filialen machen unsere Mitarbeitenden auf nachhaltige Angebote oder Klimabeiträge ­­aufmerksam, oder es ist bereits ein Vorschlag in der Offerte enthalten. Das führt dazu, dass viel öfter darüber ­gesprochen und auch mit Blick auf die Nachhaltigkeit gebucht wird.

Von wie vielen Buchungen reden wir?

In den Filialen buchen rund 20 Prozent Klimabeiträge mit. Online sind wir im einstelligen Prozentbereich.

Liegt das daran, dass die Leute im Reisebüro nicht umweltfeindlich scheinen wollen, oder hat es andere Gründe?

Ich denke, es liegt eher daran, dass sie nachfragen können und den Sinn dahinter besser verstehen. Aber das ist ein heikles Thema, bei dem unsere Mitarbeitenden behutsam vorgehen müssen. Wir wollen aber darauf aufmerksam machen.

In Bezug auf die CO2-Emissionen macht die Mobilität den grössten Teil aus.

Laura Meyer, CEO der Hotelplan Group

Gibt es auch Dinge, die Sie aus Nachhaltigkeitsgründen nicht mehr anbieten?

Wir bieten bestimmte Aktivitäten im Zusammenhang mit Tieren nicht an, etwa das Schwimmen mit in Gefangenschaft lebenden Delfinen und Walen oder auch Reiten auf Elefanten. Ansonsten ist unsere Strategie, gute Alternativen anzubieten. Zum Beispiel reisen rund 90 Prozent unserer Paris-Reisenden mit dem Zug. Dafür machen wir auch mehr Werbung für die Bahn.

Pushen Sie nachhaltiges Reisen noch auf andere Weise?

Unsere Kundinnen und Kunden sollen grundsätzlich die Wahl haben. Wir helfen aber bei der Suche nach nachhaltigen Alternativen, und auch auf unseren Websites gibt es eine Filterfunktion für nachhaltige Optionen. Zudem schauen wir auch, dass wir zusammen mit unseren bisherigen Partnern nachhaltiger werden. Wir haben einen Fonds von 10 Millionen Franken, den wir dafür einsetzen. Zwei Projekte laufen bereits, sie fördern ­Solarpanels von Hotels in der Türkei. Der Tourismus kann also auch viel Gutes bewirken.

Wie meinen Sie das?

Der Tourismus macht weltweit zehn Prozent des Bruttoinlandprodukts, also der volkswirtschaftlichen Leistung, aus. Wenn wir unsere Partner an den Destinationen unter-stützen, können wir dort auch Armut bekämpfen, zur Gleichstellung von Mann und Frau beitragen, aber eben auch zu mehr Naturschutz anregen.

Wie kann man mit Tourismus zur Gleichstellung beitragen?

Mit Jobs beispielsweise, die es Frauen ermöglichen, finanziell unabhängiger zu werden.

Und beim Umweltschutz?

Zum einen haben jedes Hotel und jeder Tourismusanbieter ein Interesse daran, dass die Umgebung und die Natur um ihre Anlagen schön und gepflegt sind. Zum anderen lassen sich mit den Einnahmen im Tourismus auch Naturreservate finanzieren.

Resort Iberostar Grand Bávaro

Zum Beispiel?

In der Dominikanischen Republik werden die Mangrovenwälder abgeholzt. Eine Hotelkette setzt sich dort für den Schutz der Wälder ein und forstet einen Teil auch wieder auf. Zum einen für den Umweltschutz. Aber natürlich auch, um den Gästen ein besseres ­Erlebnis zu bieten. Und dasselbe gilt für den Tierschutz.

Wie sieht es da aus?

In Island zum Beispiel ist Walfang noch immer ein Thema. Da aber Walbeobachtungsfahrten wichtig für den Tourismus sind, wird die Abschaffung des Walfangs gefordert. Das wäre früher nicht möglich gewesen, aber heute hat der Tourismus mehr Gewicht, weil er für das Land wichtiger geworden ist.

Und bei den Unterkünften?

Unsere Zahlen von diesem Jahr zeigen, dass etwa 20 Prozent der gebuchten Unterkünfte ein Nachhaltigkeitszertifikat haben. Der Anteil ist steigend, auch weil wir uns zum Ziel gesetzt haben, mehr zertifizierte Unterkünfte anbieten zu können.

Was sind das für Labels?

Es gibt viele Zertifikate, wir orientieren uns am internationalen GSTC (Global Sustainable Tourism Council). Die Labels, die vom GSTC gutgeheissen wurden, verwenden wir auch bei unseren Angeboten.

Sind die Hotels bereit, sich zertifizieren zu lassen?

In den letzten zwei Jahren hat sich da viel getan. Es gibt ja auch viele Massnahmen, mit denen die Hotels Geld sparen können.

Welche?

Wasser sparen, weniger Food Waste produzieren, das Menü anpassen und mehr lokale Gerichte anbieten, Handtücher weniger oft wechseln, Zimmer nicht jeden Tag putzen, ökologischere Putzmittel verwenden.

Ist nachhaltig Reisen einfach eine Kostenfrage?

Grundsätzlich gibt es für alle Reisen nachhaltige Varianten. Es gibt auch zertifizierte Unterkünfte, die günstig sind. Aber wenn für einen Flug ein Klimabeitrag geleistet werden soll, kostet das etwas Geld.