Selbstfahrendes Auto
Dieses Robo-Auto könnte dir bald das Essen bringen
Das erste selbstfahrende Elektrofahrzeug der Schweiz kurvt derzeit in Ebikon LU und beliefert Schindler mit Migros-Produkten.
Navigation
Landwirtschaft
In der Schweiz steigen die Temperaturen. Was bedeutet das für die Landwirtschaft? Erste Forscherinnen und Bauer experimentieren bereits mit neuen, exotischen Kulturen. Ein Blick auf die Felder der Zukunft.
Die Schweizer Kartoffel leidet. Vergangenes Jahr war ihr zu heiss, dieses Jahr zu nass. «Dass es wärmer wird, merken wir schon länger», sagt Annelie Holzkämper vom Bundesforschungszentrum Agroscope. Gleichzeitig würden Trockenheit und Starkregen zunehmen. «Vor allem häufigere Extreme können heimische Kulturen unter Druck setzen», so die Agrarexpertin.
Erste Bauernbetriebe und Forschungszentren suchen deshalb bereits seit einigen Jahren nach resistenteren Kulturen – oftmals aus südlicheren Ländern. Werden hierzulande also bald Oliven und Zitronen angepflanzt? Holzkämper lacht. «Das vielleicht nicht gerade. Tatsächlich zeigt sich aber im Rebbau, dass immer mehr wärmeliebende Sorten angebaut werden wie zum Beispiel Cabernet Sauvignon.»
Auch sonst wird viel ausprobiert. Noch ist unklar, welche Kulturen sich durchsetzen werden. Es brauche noch mehr Erfahrung, erklärt Holzkämper. «Es muss sich zudem erst noch zeigen, wo es überhaupt eine Nachfrage gibt.» Einige Beispiele von Exoten, die heute schon auf Schweizer Feldern wachsen, und dort vielleicht in Zukunft öfters anzutreffen sind.
«Wir wohnen in der trockensten Ecke der Schweiz», sagt Landwirt Stefan Germann. Als er in die Walliser Gemeinde Stalden zog, suchte er daher eine Kultur, die wenig Wasser braucht. «Anders als angenommen, überleben Mandelbäume sehr lange ohne künstliche Wasserzufuhr.»
Heute bewirtschaftet er über 100 Mandelbäume. Wie viele Mandeln er produziert, weiss er nicht genau. Denn die Ernten variieren von Jahr zu Jahr. «Das Wetter ist extrem unberechenbar geworden. Vor allem später Frost kann den Blüten und Früchten schaden», sagt Germann.
Zum selben Schluss kommt auch Andreas Naef von Agroscope. Seit 2021 testet das Forschungszentrum 26 Mandelsorten. Aufgrund von Frost hätten einige kaum Erträge generiert. Bei anderen seien die Mandeln mit Pilzen befallen gewesen. «Ein extensiver Anbau in der Schweiz, wie es ursprünglich als Ersatz für Hochstammkirschen gedacht war, sehen wir daher weniger.»
2018 waren René Ritter und Andreas Gass voller Euphorie. Damals wagten Sie sich auf ihrem Leimenhof in Wenslingen BL an eine neue Kultur. «Pflanzliche Eiweisse waren in dieser Zeit sehr gefragt und vor allem Kichererbsen ein grosser Trend.» Wie einige andere Bauern und Agroscope sprangen sie auf den Trend auf.
Nach vier Jahren fällt das Fazit von Ritter jedoch ernüchternd aus: «In drei von vier Jahren hatten wir einen kompletten Ernteausfall. Zweimal war es zu nass und einmal hatten wir einen Schädling.» Bessere Bilanz zieht er zu den Linsen, die die beiden Landwirte ebenfalls seit fünf Jahren produzieren. «Sie scheinen resistenter gegen Nässe und andere klimatische Schwankungen zu sein.»
Trotzdem wollen sie auch Erstere nicht aufgeben. Mit mehr Erfahrung und den richtigen Sorten könnten die Anbauschwierigkeiten überwunden werden, ist Ritter überzeugt. «Die Frage ist jedoch, ob die Leute unsere Kichererbsen auch wirklich kaufen, denn sie sind teurer als importierte.»
Bei exotischen Kulturen denkt man schnell an Früchte wie Ananas oder Kiwis. Während man Erstere – noch – vergebens sucht, findet man Letztere bereits seit 50 Jahren am Genfersee. «Strenggenommen sind Kiwis keine exotischen Früchte, denn sie kommen ursprünglich aus China», sagt Matthias Faeh von Kiwi Suisse in Allemann VD. Mit 300 Tonnen im Jahr ist er der grösste Schweizer Kiwi-Produzent.
Möglich macht das ein durch den See besonders mildes Klima. «Kiwis vertragen keine Kälte und haben eine lange Reifezeit.» Steigende Temperaturen sowie ein früher einsetzender Frühling kämen ihnen daher zugute.
Schaden würden ihnen hingegen plötzliche Kälteeinbrüche oder Nassperioden, die auch immer öfter auftreten. «Ich denke deshalb nicht, dass Kiwis in der Schweiz bald im grossen Stil angebaut werden.»
Weizen wird in der Schweiz vor allem im Flachland kultiviert. Doch nicht nur, wie das Beispiel des Vereins Alpsteinkorn zeigt. «In den letzten Jahren haben wir Weizen und anderes Getreide im Gebiet rund um den Alpstein angebaut», sagt Lena Geiger von Alpsteinkorn.
Für die Versuche arbeitete der Verein unter anderem mit Agroscope und dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL zusammen. Im Rahmen der Förderung innovativer Ideen im Berggebiet unterstützt die Direktion Wirtschaftspolitik der Migros das Engagement zudem finanziell.
«Es zeigte sich, dass sich die meisten Sorten aus dem Flachland nicht für das Berggebiet eignen. Deshalb müssen neue Sorten getestet werden», so Geiger.
Denn der Bergackerbau könnte künftig an Bedeutung gewinnen, da es im Flachland aufgrund von Hitze- und Trockenperioden zu schlechteren Anbaubedingungen kommen könnte. «Auf diese Weise könnten wir in Zukunft bei Ertragsausfällen im Flachland eine Alternative bieten», erklärt Geiger.
Das afrikanische Süssgras ist wohl den wenigsten ein Begriff. Das Bundes-Kompetenzzentrum sieht jedoch grosses Potenzial in ihm: «Sorghum verträgt Trockenheit besser als Mais und ist wenig anfällig für Schädlinge», sagt Tiziana Vonlanthen von Agroscope.
Schweizweit werden heute 391 Hektaren Sorghum angepflanzt. 90 Prozent davon für Futtermittel. Doch auch für die Humanernährung gebe es Verwendungsmöglichkeiten. Die Pflanze sei in vielen Ländern Afrikas ein Grundnahrungsmittel, so Vonlanthen. «Sorghum könnte zum Beispiel für Fladenbrot, Kekse, Getränke oder glutenfreie Pasta eingesetzt werden.»
Dazu brauche es aber noch mehr Erfahrung. «Durch Züchtung sollte es jedoch gelingen, das Ertragspotenzial zu optimieren und unerwünschte Eigenschaften zu eliminieren, damit Sorghum (noch) besser an die hiesigen Bedürfnisse angepasst werden kann.»
In Mitteleuropa blüht Chia erst im Spätherbst. Die Samen können in der Schweiz deshalb vor dem Winter nicht ausreifen. Vor zehn Jahren wagte Christoph Gämperli trotzdem einen Versuch. Er streute im Frühling auf seinem Feld in Flawil SG mehrere Millionen Chia-Samen.
Eine einzige Pflanze blühte schon im Juli statt erst im Herbst. «Als ihre Samen auch im folgenden Jahr so früh blühten, wusste ich: Wir haben eine Pflanze für den Schweizer Anbau gefunden», erinnert sich Gämperli von der St. Gallischen Saatzucht.
Mit einigen Landwirten aus der Region beliefert er heute Unverpacktläden und Biokundschaft. Gerne würden sie die Produktion von Swiss Chia ausweiten. Es fehle jedoch die Nachfrage, weil immer noch sehr viel importiert werde, so Gämperli. Obwohl Chia sehr gut auch in der Schweiz angebaut werden könne. «Die Pflanzen sind sehr resistent gegen Hitze und Trockenheit. Ausserdem schützen sie mit ihren dichten Blättern den Boden vor dem Austrocknen.»
Mit unseren vielseitigen Kooperationen unterstützen wir verschiedenste Projekte. Erfahre mehr darüber in unseren Stories!