Food Waste
Hats in Tiefkühlgemüse weniger Vitamine?
Wir räumen mit sechs Mythen auf, die sich um Tiefkühlkost ranken.
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Weniger Lebensmittelabfälle
Wie wir bis 2030 gemeinsam unseren Food Waste halbieren können? Darauf haben unsere Nachhaltigkeitsexpertinnen Julia Schaad und Katharina Schenk Antworten.
Julia: Bewusstsein. Man muss sich darüber bewusst werden, wie man selbst mit dem Essen umgeht. Das hat mit Respekt vor Lebensmitteln und der ganzen Wertschöpfungskette zu tun: eine Wertschätzung gegenüber der Wertschöpfung.
Katharina: Es beginnt mit Neugierde: Wie werden bestimmte Nahrungsmittel produziert? Was ist Food Waste? Wie viel fällt an? Und was kann ich als Konsumentin dagegen tun?
Julia: Momentan mit einem kleinen Kind nicht ausreichend: Da fliegt auch mal Pasta auf den Boden und später in den Kompost. Dies zu sehen, tut mir dann richtig weh. Doch ich versuche, meiner dreijährigen Tochter die Wertschätzung gegenüber Lebensmitteln beizubringen. Um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden, plane ich meine Einkäufe gut und lagere sie dann auch korrekt.
Katharina: Mir als Konsumentin hilft ein Blick in unseren Bio-Eimer mit Gemüse- und Früchteresten. Da sehe ich recht gut, wie ich beim nächsten Mal meinen Einkauf optimieren kann, damit ich gekaufte Lebensmittel auch wirklich verwerte. Ich koche dann mit Resten – meine Kinder lieben Brotsalat mit altem Brot. Doch die Ernährungsvorlieben ändern sich ja ab und an – da muss man ein Auge darauf haben.
Katharina: Ja, denn ein ganz grosser Teil des Food Waste in unserer Migros Industrie fällt an, weil in der Schweizer Bevölkerung bestimmte Ernährungsvorlieben bestehen. Beispiel Fleischkonsum: Edelstücke wie Filets sind gefragt. Doch was passiert mit dem Rest des Tieres? Nach Innereien oder Hälsen fragen wenige. Auch, weil heute kaum jemand mehr weiss, wie man diese verarbeiten kann. Eine echte Herausforderung, an der man einmal mehr sieht, dass die Migros Lebensmittelverschwendung nicht alleine lösen kann. Es braucht ein Umdenken in der Bevölkerung.
Julia: Nein, heute noch nicht. Aber je mehr Menschen nach gewissen Dingen fragen und bereit sind, gemeinsam mit uns Food Waste zu vermeiden, desto häufiger reagieren auch die Filialleiter*innen und passen ihr Sortiment an. Wir bieten an, was unsere Kund*innen wünschen. Gerne würden wir das ganze Tier verkaufen – auch aus Respekt dem Tier gegenüber.
Katharina: Für alle, die das heute schon vorantreiben möchten: Online kann man sogenannte Schlachtnebenprodukte wie Hühnerhälse bestellen, und in manchen Filialen gibt es sie auch. Unser Fleischverarbeiter Micarna setzt sich zudem dafür ein, dass Schweine- und Hühnerfüsse in Restaurants verkauft werden. Die Branche engagiert sich also bereits.
Katharina: In der Landwirtschaft, in der Verarbeitung der Lebensmittel, im Detailhandel, in der Gastronomie, bei uns zu Hause – überall zu verschiedenen Anteilen und aus verschiedenen Gründen. Die Privathaushalte haben den grössten Einfluss auf den Food Waste in der Schweiz. Die Migros kann im Gegensatz zu anderen Detailhändlern direkt auf deren Konsumverhalten reagieren: Dank der guten Zusammenarbeit mit der eigenen Industrie kann sie auch Produkte anbieten, die aus Resten bestehen. Das können andere nur mit ihren Lieferanten aushandeln, wir als Migros sitzen aber am Hebel. Wir können das direkt umsetzen.
Katharina: Die 2022 von uns unterschriebene «Branchenvereinbarung Food Waste» mit dem Bund zeigt, wie ernst es die Migros meint. Wir möchten ein Teil der Lösung sein. Halbiert die Schweiz wie geplant den Food Waste bis 2030, dann können wir die negativen Auswirkungen unseres Ernährungssystems immerhin um 10 bis 15 Prozent reduzieren.
Julia: Unsere wichtigste Aufgabe als Team ist es, dass alle einheitliche Ziele zur Vermeidung von Food Waste verfolgen – interne Stellen, aber auch externe Partner. Alle müssen ihren Beitrag leisten. Food Waste auf jeder Stufe bis 2030 gegenüber 2017 zu halbieren, ist das Ziel.
Julia: Wir müssen für Nachhaltigkeit begeistern. Die Migros-Genossenschaften spielen hierbei eine grosse Rolle. Denn in jeder Genossenschaft gibt es Menschen, die sich mit dem Thema Food Waste auseinandersetzen. Genau wie bei Migros Industrie oder der Migros-Gruppe. Eine enorm wichtige Rolle spielen die Filialleiter beim Thema Food Waste: Sie müssen darauf achten, dass sie immer die richtigen Mengen im Laden haben. Neu sind wir alle noch stärker vernetzt, damit in der gesamten Wertschöpfungskette so wenig wie möglich verloren geht. Katharina: Bei der Produktion achten Mitarbeitende beispielsweise darauf, dass Anlagen optimal eingestellt sind, damit keine Resten entstehen. Und wenn doch Resten entstehen, sich überlegen, was man damit machen kann. So wie früher das Grosi: Wenn vom Teig beim Brotbacken etwas übrig blieb, warf sie ihn nicht weg, sondern verwendete ihn weiter.
Katharina: Nehmen wir als Beispiel die Molke, die bei der Käse- oder Frischkäseproduktion entsteht. In der Regel wird daraus Tierfutter hergestellt. Wenn wir sie allerdings weiterverkaufen wollten, müsste jede Person in der Schweiz täglich einen halben Liter trinken. Das scheint auf den ersten Blick nicht realistisch, und doch beschäftigen sich Start-ups bereits mit der Weiterverwertung dieser Molke zu Proteinshakes, da die momentan gefragt sind.
Julia: Ich sehe in den vergangenen Jahren eine hoffnungsvolle Tendenz – vor allem in der Bevölkerung und auf politischer Ebene. Gerade im Zusammenhang mit den Klimadiskussionen setzt man sich mit dem auseinander, was man isst. Das ist ein wichtiger Schlüssel zur Verhaltensänderung an allen Stellen in der Wertschöpfungskette.
Julia: Gesellschaftliche Werte und Normen sind unser grösster Hebel, um Food Waste dauerhaft zu reduzieren. Wir möchten unsere Kund*innen zum Mitdenken animieren. Auch aus der Forschung bekommen wir als Unternehmen viele Anfragen zum Thema Food Waste. Es bewegt sich also einiges in die richtige Richtung. Wir als Unternehmen nehmen Vorschläge auf, prüfen diese und treiben Innovationen voran.
Katharina: Der Wert von und der Respekt gegenüber Nahrungsmitteln muss früh beigebracht werden – am besten zu Hause in den Familien und in den Schulen. Es braucht ein Wissen zum Verhalten, wie man mit Essen umgeht. Das beginnt bereits mit den Haltbarkeitsdaten: Einfach die Sinne nutzen. Ein Schluck saure Milch tut niemandem weh. Das Joghurt ansehen und daran riechen, bevor man es ungeöffnet mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum wegschmeisst. Das würde Food Waste zu Hause erheblich reduzieren und ist auch gut fürs Portemonnaie.
Julia: Um den Verderb möglichst klein zu halten, verwenden wir gemeinsam mit der Industrie viel Arbeit darauf, die Lebensmittel optimal zu schützen. Natürlich mit möglichst wenig, dafür der optimalen Verpackung für jedes Produkt. Innovationen wie der natürliche Schutz für Frischeprodukte gegen Schimmel beispielsweise sind ein wichtiger Beitrag gegen Food Waste.
Katharina: Die werden dann beispielsweise gespendet an Organisationen wie Tischlein-deck-dich und andere. Wir möchten, dass alle Lebensmittel als Nahrung dienen.Julia: Wir arbeiten so eng mit den Organisationen zusammen, dass auch bei der Verteilung der Spenden so wenig Food Waste anfällt wie möglich. Auch andere sekundäre Kanäle wie die vergünstigte Abgabe an Mitarbeitende und die Verschiebung in die Gastronomie sind möglich. Die nicht verteilte Ware wird zu Tierfutter oder zu Biogas verarbeitet.
Katharina: Wer die Käsekuchenmischung bei der Migros kauft, macht automatisch etwas gegen Food Waste. Dort sind nämlich die Randabschnitte der Käse weiterverarbeitet. Seit einiger Zeit sind zudem beim Toastbrot auch die Randabschnitte mit in der Packung – das war früher nicht so. Auch Kartoffelabschnitte, die bei der Pommes-Produktion anfallen, finden bei uns ihren Weg in den Kartoffelstock. Wir verwerten in der Industrie so viel wie möglich.Julia: Zudem spielt Technologie im Kampf gegen Food Waste eine grosse Rolle: beispielsweise bei der Planung mit intelligenter Technologie bereits in der Landwirtschaft und der Produktion. Aber auch in den Läden hilft sie, den Überblick zu behalten und die richtigen Mengen zu bestellen. Die App «Too Good To Go» kennt die Kundschaft vermutlich. Die Migros-Kund*innen retteten über diesen Weg viele Lebensmittel – insgesamt bereits 1,2 Millionen Päckchen.
Julia: Es ist eine Frage der Perspektive. Uns genügen die knapp 99 Prozent im Detailhandel noch nicht. Wir möchten alle produzierten Lebensmittel als Nahrung an die Kundschaft bringen. Dazu müssen wir auch die vor- und nachgelagerten Stufen der Wertschöpfungsketten berücksichtigen und was dort als Verderb anfällt. Unser Ziel ist es, dass die Kundschaft produzierte Lebensmitte dann auch geniesst und nicht verschwendet.
Name: Julia Schaad
Beruf: Agrarwissenschafterin ETH
Position in der Migros: Fachspezialistin Nachhaltigkeit, Ökologie und Nachhaltigkeitslabels
Bei der Migros seit: Januar 2019
Name: Katharina Schenk
Beruf: Projektleiterin Nachhaltigkeit
Position bei Migros Industrie: Projektleiterin Nachhaltigkeit im Center of Excellence Nachhaltigkeit
Bei Migros Industrie seit: Mai 2020
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