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Portrait von Ursula Nold

Interview mit Ursula Nold

Was sagt die Präsidentin der Migros zum klaren Alkohol-Nein?

Ursula Nold ist erleichtert über den deutlichen Entscheid. Im Interview erklärt die Migros-Präsidentin, wie es jetzt mit der M-Demokratie weitergeht.

Text
Kian Ramezani, Franz Ermel
Bild
Severin Nowacki
Datum
Format
Story

Ursula Nold, was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie die Resultate der Alkohol-Urabstimmung sahen?

Ich war erleichtert darüber, wie deutlich und einheitlich die Ergebnisse waren. Die Mitglieder aller zehn Genossenschaften haben ein deutliches Zeichen gesetzt: Viele sind zufrieden mit der Migros, wie sie ist. Daneben verspürte ich Dankbarkeit für die engagierte Debatte im Vorfeld der Urabstimmung und die hohe Stimmbeteiligung. Und nicht zuletzt Zufriedenheit, wie sorgfältig die Migros diese wichtige Abstimmung vorbereitet und durchgeführt hat.

Hat Sie der hohe Nein-Anteil von 75 Prozent überrascht?

Sämtliche Umfragen im Vorfeld hatten eine klare Nein-Tendenz gezeigt. So gesehen wäre alles andere eine Überraschung gewesen. Aber auch die Stimmbeteiligung war überdurchschnittlich hoch. Sie zeigt für mich die Verbundenheit der Bevölkerung mit der Migros. Wir hatten die Chance, nicht einfach über den bewussten Alkoholverzicht in den Filialen zu reden, sondern über die Werte der Migros insgesamt und was sie einzigartig macht. Es ist toll, dass dieses Unternehmen und seine Werte in unserem Land eine gesellschaftliche Diskussion auslösen konnten.

Viele Migros-Gremien und auch Sie selbst empfahlen ein Ja, niemand hingegen ein Nein. Hat die Migros ihre Basis falsch eingeschätzt?

Die Initiative kam aus der Delegiertenversammlung. Der Wunsch war, die Frage 70 Jahre nach der letzten Abstimmung wieder einmal gründlich zu diskutieren. Allen Gremien und auch mir persönlich am wichtigsten war die Mitbestimmung der Basis. Wir fuhren keine Ja-Kampagne, sondern die Botschaft lautete immer: «Entscheide du». Jenen, die sich für ein Ja ausgesprochen haben, fällt nun sicher kein Zacken aus der Krone. Die Basis hat eindeutig entschieden und das respektieren alle.

Alkohol-Abstimmungsresultate im Überblick

Genossenschaft

Ja in %

Nein in %

Gültige Stimmen total

Migros Aare

20.1

79.9

164'556

Migros Basel

23.9

76.1

46'485

Migros Genf

35.2

64.8

27'523

Migros Luzern

25.3

74.7

69'683

Migros Neuenburg-Freiburg

26.9

73.1

27'365

Migros Ostschweiz

23.7

76.3

124'198

Migros Tessin

44.7

55.3

22'284

Migros Waadt

31.0

69.0

39'975

Migros Wallis

39.7

60.3

20'475

Migros Zürich

19.7

80.3

89'869

Total

-

-

632'413

Gibt es Pläne für die Einführung einer Art «Ständemehr», um Flickenteppiche auch in Zukunft zu vermeiden?

Mir gefällt das Wort Flickenteppich nicht. Natürlich bin ich froh, dass wir ein eindeutiges Resultat haben, aber wenn sich die Basis regional unterschiedlich entschieden hätte, dann gälte es das ohne Wenn und Aber umzusetzen. Das ist der Preis des Föderalismus, der zur DNA der Migros gehört.

Wie geht es weiter mit der M-Demokratie? Gibt es bald weitere Abstimmungen, in denen die Genossenschafterinnen und Genossenschafter mitentscheiden?

Das hat es immer gegeben, im vergangenen Jahr zum Beispiel wurde auf diesem Weg die Amtszeit für Mitglieder von Genossenschaftsorganen reduziert. Was es früher regelmässig gegeben hat, waren konsultative Urabstimmungsfragen. Wir prüfen derzeit, ob wir dieses Instrument in Zukunft wieder öfter nützen werden, um den Puls unserer Genossenschafterinnen und Genossenschafter so direkt fühlen zu können.

Könnten hierbei auch elektronische Abstimmungen zum Zug kommen?

Auf jeden Fall. Neben der Frage nach dem Alkoholverzicht konnten sich die Genossenschafterinnen und Genossenschafter auch zum Thema E-Voting äussern. Es freut mich sehr, dass diese Vorlage so klar angenommen wurde, auch hier brauchte es eine Zweidrittel-Mehrheit. Dies zeigt, dass Veränderungen und Weiterentwicklungen möglich sind und die Migros den Fortschritt will. Mit dem E-Voting versuchen wir die junge Generation für die Idee Migros zu begeistern und zum Mitmachen zu bewegen.

Das eine Votum für die Tradition, das andere für die Erneuerung – wird es für die Migros immer so einfach sein, beides unter einen Hut zu bringen?

Innovationen sind eben auch eine Tradition bei der Migros und werden von unseren Kundinnen und Kunden erwartet und geschätzt. Wir überraschen sie laufend mit neuen, unverwechselbaren Produkten und Dienstleistungen. Sei es das erste vegane Ei oder Einkaufen mit dem Smartphone. Mutig sein und etwas ausprobieren. Behalten, was sich bewährt, das andere weiterentwickeln – nichts anderes tat schon Gottlieb Duttweiler. Wir wollen auch heute seinen Pioniergeist leben. Daneben gibt es Kernwerte wie das beste Preisleistungsverhältnis, die starken Eigenmarken und das Kulturprozent, an denen die Migros immer festhalten wird.

Wird es durch E-Voting einfacher, Urabstimmungen durchzuführen?

Wir hoffen wie gesagt, damit zusätzlich auch eine jüngere Generation zu erreichen. Die Briefwahl sowie die persönliche Abstimmung in der Filiale werden weiterhin möglich sein. E-Voting stellt eine ergänzende dritte Option dar, die uns hoffentlich noch näher an den Puls der Genossenschafterinnen und Genossenschafter bringt und vielleicht auch die Stimmbeteiligung erhöhen wird.

Bekommt man die Danke-Schoggi auch, wenn man elektronisch abstimmt?

Unbedingt, das werden wir voraussichtlich über einen Cumulus-Gutschein lösen. Die Schoggi wird sehr geschätzt, das haben wir bei dieser Urabstimmung wieder gesehen.

Zehnmal Nein heisst auch, dass ab 2023 in der ganzen Schweiz das alkoholfreie Migros-Bier «Non» in die Regale kommt. Werden Sie es probieren?

Ich freue mich auf dieses Bier und werde es auf jeden Fall probieren. Als Symbol unserer gelebten Demokratie wird es an diese einzigartige Abstimmung erinnern.

Zur Person

Portrait von Ursula Nold
© Severin Nowacki

Ursula Nold (53) ist seit 2019 Präsidentin der Verwaltung des Migros-Genossenschafts-Bunds (MGB). Zuvor war sie Präsidentin der MGB-Delegiertenversammlung. Ursula Nold ist Mitglied in mehreren Verwaltungs- und Stiftungsräten und war früher Dozentin an der Pädagogischen Hochschule in Bern.

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