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Eine Kiste mit verschiedenem Gemüse

Food Waste

Essen retten, Menschen helfen

Die Migros spendet Lebensmittel, die sie nicht mehr verkaufen kann, an gemeinnützige Organisationen. Zu Besuch bei einer Abgabestelle von «Tischlein deck dich».

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Nina Huber
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Daniel Winkler
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Was wir tun

Montagmorgen, 8.30 Uhr. Im oberen Stockwerk des Gemeinschaftszentrums Zürich Oerlikon stehen in einem Raum zehn leere Tische, U-förmig angeordnet. Fünf Freiwillige stehen bereit – wie jeden Montag, wenn die Organisation «Tischlein deck dich» Lebensmittel verteilt. Es sind Esswaren mit nahem oder abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum, die deshalb nicht mehr verkauft werden können, aber qualitativ einwandfrei sind. Auch die Migros spendet solche Lebensmittel. Vergangenes Jahr spendete die Migros über 2000 Tonnen an «Tischlein deck dich» und «Schweizer Tafel».

Kurze Zeit später trifft die Generaldirektion des Migros-Genossenschafts-Bundes ein – sie unterstützt heute das Team vor Ort. «Die Mi­gros hat eine Verpflichtung, sich auch um Menschen mit wenig finanziellen Mitteln zu kümmern», sagt Migros-Präsident Mario Irminger. Es freue ihn, dass dank «Tischlein deck dich» und anderer Organisationen Lebensmittel weitergegeben statt entsorgt würden. Aber es funktioniere nur, weil viele Menschen hier freiwillige Arbeit leisteten. Der Migros-Chef und seine Kolleginnen und Kollegen aus der Generaldirektion haben darum kurzerhand beschlossen, einen Vormittag mitzuhelfen.

Unten vor dem Eingang kommt ein Lieferwagen von «Tischlein deck dich» an. Neben Ware von der Migros enthält er auch Brot und Gebäck von nahen Bäckereien und Lebensmittel von anderen Detaillisten. Im Nu trägt das Einsatzteam die Lebensmittel in den ersten Stock, wo sich die Produkte auf den Tischen zu türmen beginnen.

Migros-Chef Mario Irminger bei der Esswarenausgabe.
Die Generaldirektion des Migros-Genossenschafts-Bundes unterstützt heute das Team vor Ort. Im Bild packt Migros-Chef Mario Irminger bei der Esswarenausgabe selbst an. © Daniel Winkler

Am üppigsten ist der Bereich mit frischem Gemüse und Früchten. Auch Brot und Joghurt hat es reichlich. Eher spärlich ist die Auswahl an Getränken, Teigwaren und Mehlpackungen. Alex Stähli, Geschäftsführer des gemeinnützigen Vereins «Tischlein deck dich», sagt, dass die Ausgewogenheit manchmal eine Herausforderung sei. Aber er betont: «Wir retten Lebensmittel. Unsere Aufgabe ist es nicht, die Grundversorgung von Armutsbetroffenen zu sichern.» Die spendenfinanzierte Organisation arbeitet mit Sozialfachstellen zu­sammen. Diese stellen für armutsbetroffene Per­sonen kontingentierte Kundenkarten aus, die ihnen Zugang zu Abgabestellen gewähren. Für einen symbolischen Franken erhalten sie mit dieser Karte einmal in der Woche Esswaren.

Die Mi­gros hat eine Verpflichtung, sich auch um Menschen mit wenig finanziellen Mitteln zu kümmern.

Mario Irminger, Präsident der Generaldirektion des Migros-Genossenschafts-Bundes

Was übrig bleibt, kommt in einen ­öffentlichen Kühlschrank

10 Uhr, Türöffnung. Die erste Kundin kommt herein, eine junge Frau mit ihrer kleinen Tochter. Per Los wird schon in der ­Woche zuvor ein genauer Zeitslot zugeteilt. Die Frau geht von Tisch zu Tisch. Die Helferinnen und Helfer händigen die Esswaren aus. Mario Irminger steht bei den Früchten. Je nach Grösse der Familie – wie auf der Kundenkarte vermerkt – überreicht er mehr Äpfel oder Mandarinen.

Zählt eine Familie mehr Mitglieder, erhält sie auch mehr Produkte.
Zählt eine Familie mehr Mitglieder, erhält sie auch mehr Produkte. © Daniel Winkler

Es geht ruhig und geregelt zu und her. Patricia Keller, die Teamleiterin, koordiniert den gestaffelten Einlass, hält da und dort einen Schwatz. Seit 2019 ist sie jede Woche hier im Einsatz. Eine Kundin erzählt ihr, dass sie am nächsten Montagmorgen einen Arzttermin wahrnehmen muss. Keller bietet ihr an, dass sie eine Tasche für sie packen und unten im Gemeinschafts­zentrum bereitstellen wird.

An die 60 Personen kommen vorbei. Als nach einer Stunde alle durch sind, gibt es eine zweite Runde. Wer will, darf nochmals aus den übrig gebliebenen Lebensmitteln auswählen. Es gibt noch einige Getränke, Brot, Kartoffeln und Bananen. Danach ist fast alles weg. Was jetzt noch übrig bleibt, füllt Keller draussen in einen Kühlschrank von Madame Frigo. Dieser ist öffentlich, kann auch von Privatpersonen gefüllt werden. Alle dürfen sich gratis bedienen. Keller weiss, dass manche Leute regelrecht warten, bis «Tischlein deck dich» den Restposten einstellt.

Derweil verlässt der letzte Kunde das Gemeinschaftszentrum mit einem bis oben ­ge­füllten Einkaufstrolley und einem Lächeln im Gesicht.

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