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Ursula Nold steht im Foyer vom Casino Bern

Migros-Genossenschafts-Bund

Unterwegs mit der höchsten Frau der Migros

Ursula Nold präsidiert seit sechs Jahren den Migros-Genossenschafts-Bund. Was tut sie da genau? Drei Tage unterwegs mit der Frau, die das Unternehmen durch eine der grössten Transformationen seiner Geschichte führt.

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Katja Fischer De Santi
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Markus Bertschi
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Was wir tun

Tag 1: Casino Bern, Migros-Kulturprozent-Classics

Es ist Mittwochabend, kurz vor 20 Uhr. Das Foyer im Casino Bern füllt sich, draussen regnet es in Strömen. Ursula Nold erscheint pünktlich auf die Minute. Sie freut sich auf das Konzert des Budapest Festival Orchestra, organisiert von Migros-Kulturprozent-Classics. Für die Bernerin kein Pflicht­termin, sondern wertvolle Zeit mit ihrem Mann. Beide lieben klassische Musik.

Seit 2019 präsidiert die 56-Jährige den Migros-Genossenschafts-Bund (MGB). Zusammen mit Mario Irminger, dem Präsidenten der General­direktion, bildet sie das Führungsduo der Migros. Und im hundersten Jahr der Migros ist Ursula Nold so viel unterwegs wie noch nie. Sie schüttelt Hände, lächelt in ­Kameras und wird nicht müde zu erklären, wie sie die Migros fit für die Zukunft machen will.

Kein Stein sei auf dem anderen ge­blieben seit ihrem Amtsantritt, wird oft ­geschrieben. Sie schüttelt vehement den Kopf: «Wir ­werden in den nächsten fünf Jahren ins­gesamt zwei Milliarden Franken inves­tieren, um 140 neue Filialen zu ­eröffnen und 350 zu erneuern. Zusätzlich werden wir jedes Jahr die Preise unserer Produkte um 500 Millionen Franken senken.»

Die Migros bleibt die Migros. Aber der Tanker ist in Fahrt gekommen.

Ursula Nold

Das passt nicht allen. Die Kritik, die sie sich anhören muss, ist bisweilen heftig. Vor ­allem der Verkauf der Fachmärkte hallt ­noch immer nach. Doch sie lässt sich nicht beirren. «Wir müssen optimal aufgestellt sein, damit wir weiterhin jährlich rund 140 Millionen Franken für das gesellschaftliche Enga­gement freispielen können.» Sagts und schlüpft durch den Bühnenhintereingang. Sie will Dirigent Iván Fischer begrüssen. Er freut sich ­sichtlich, die beiden kommen sofort ins Gespräch. Das kulturelle und gesellschaftliche Engagement sei ihr wichtig, wird sie immer wieder betonen.

Über Privates spricht die Mutter von vier erwachsenen Kindern nur selten. Die Migros und ihre Errungenschaften sollen im Fokus stehen. Auf die Frage, was sie besonders gut kann, antwortet sie ohne Zögern: «Hart­näckig strategische Ziele im Auge behalten und gleichzeitig auf die Menschen zugehen.» Gute Eigenschaften, um die zehn regionalen Genossenschaften der Migros zu einen.


Tag 2: Migros-Filiale in Romanel-sur-Lausanne

Ursula Nold, in einer orange-roten Migros-Bluse, räumt in der Gemüse-Abteilung Blumenkohl ein
Ursula Nold beim Filial-Einsatz in Romanel-sur-Lausanne. © Markus Bertschi

Die ältere Dame weiss nicht, dass sie gerade die höchste Frau der Migros gefragt hat, wo die Zwiebeln sind. Ursula Nold lächelt und zeigt sie ihr. Wie sie in der orange-roten Migros-Bluse Blumenkohl einräumt, könnte sie tatsächlich als Filialangestellte durchgehen. Sie mag diese Einsätze bei den Mitarbeitenden sehr. An diesem Montag in der Westschweiz hört sie viel zu und fragt, wie es mit der ­Umsetzung der neuen Strategie läuft. Ihr Umgang ist auch auf Französisch herzlich.

Die Bernerin kann gut mit Menschen. Sie ist von Haus aus ein Migros-Kind, ihre Mutter war Sprachlehrerin an der Klubschule. Sie selbst hat Lehrerin gelernt, dann 16 Jahre lang Schulleitende ausgebildet, ­bevor sie an der Hochschule St. Gallen einen Executive MBA absolvierte. Mit der Migros ist sie tief verbunden. Ihre Laufbahn begann vor 30 Jahren als Genossenschaftsrätin der Migros Aare.

Mein Amt kann man nicht ausüben ohne persönliches Engagement für das Unternehmen und seine Werte.

Ursula Nold

Während einer Kaffeepause erzählt ­Ursula Nold vom Stolz vieler Migros-Mitarbeitenden, mit denen sie hier in Lausanne spricht. Viele arbeiten seit Jahrzehnten bei der Genossenschaft, haben bereits ihre Lehre hier gemacht. Wie etwa die beiden Frauen, die für die Backwaren zuständig sind und sich diese Position - seit sie Mütter sind - im Jobsharing teilen. «Die engagierten Menschen, die für die Migros arbeiten, bedeuten mir viel», sagt sie, trinkt ihr Mineralwasser aus und macht sich auf in die «Fromagerie».


Tag 3: Medbase Permanence im Hauptbahnhof Zürich, 10 Uhr

Ursula Nold in der Medbase Permanence beim Rundgang mit Dr. med. Barbara Oberholzer
Medbase Permanence: Rundgang mit Ärztin Barbara Oberholzer. © Markus Bertschi

Es ist noch ruhig in der Permanence im Bahnhof Zürich: Die stellvertretende ärztliche Leiterin Barbara Oberholzer begrüsst Ursula Nold in der Notfallpraxis. Die 365 Tage im Jahr geöffnete Praxis gehört zur Medbase-Gruppe, die seit 2010 im Besitz der Migros ist. Was viele nicht wissen: Die Detail­händlerin ist innerhalb weniger Jahre zur grössten Anbieterin in der ambulanten ­medizinischen Grundversorgung in der Schweiz gewachsen. Wie passt die Medizinsparte zur ­Migros, die sich doch verschlanken will?

Die Gesundheit ist neben den Supermärkten, Digitec Galaxus und der Migros Bank eines unserer vier strategischen Geschäftsfelder.

Ursula Nold

«Dass die ­Gesundheitskosten für viele Menschen in diesem Land bald nicht mehr tragbar sind, daran muss sich etwas ändern», erklärt sie. Zahlen ­zeigten, dass die Versorgung durch Allgemeinpraxen nur rund acht Prozent der ­Gesundheitskosten verursache, aber 90 Prozent der medizinischen Probleme löse. Mit der Medbase-Gruppe wolle man die Grundversorgung mit innovativen Gesundheitsdienstleistungen sichern.

Wie man das genau bewerkstelligen will, darüber spricht sie an diesem Tag mit dem Leitungsduo der Permanence. Es ist von Effizienz die Rede und davon, dass bei Medbase viele Frauen arbeiteten, weil in einer Gruppenpraxis Teilzeit besser möglich sei. Bevor sie zum Termin bei der Migros Bank aufbricht, noch die Frage, welche Werte ihr wichtig sind.

Gegenseitiger Respekt, Verlässlichkeit und Vertrauen zählen für mich.

Ursula Nold

All das finde sie in der Migros. «Wir sind eine der grössten Arbeitgeberinnen und kaufen für Milliarden in diesem Land ein.» Darum sei ihr wichtig, dass man die Zukunft der Institution Migros im Auge behalte. Früher am Morgen hat sie erzählt, dass ein Zitat der US-Schriftstellerin und Bürgerrechtlerin Maya Angelou sie begleite: «Die Menschen werden vergessen, was du gesagt und was du getan hast. Aber sie vergessen nie, welches Gefühl du ihnen gegeben hast.» Bei Ursula Nold hat man das Gefühl, dass sie die Menschen hinter der Migros nie vergisst.

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