
Food Waste
Was weisst du über Food Waste?
Mache mit beim Quiz zum Thema Food Waste und erfahre, wie viel du schon weisst.
Navigation

Nachhaltigkeit
Gewusst? In einer Packung Weissmehl stecken bis zu 30 Weizensorten, die alle paar Jahre ersetzt werden müssen. Darum arbeiten Wissenschaftler und die Migros schon jetzt am perfekten Mehl fürs Jahr 2040.
Der Teigstrang ist fest in die Metallhalterung eingespannt. Langsam beginnt ein Hebel, ihn nach unten zu ziehen. Der Strang wird länger und länger – bis er reisst. «So testen wir die Elastizität des Teigs», erklärt Christian Städeli, Leiter Forschung bei der Migros Industrie. Wir befinden uns im Mehllabor der Migros in Volketswil. Hier werden alle Weizensorten der aktuellen Ernte und auch die neu gezüchteten Sorten genauestens untersucht und bewertet. Wie gut lässt sich mit Mehl aus einer bestimmten Sorte einen Teig kneten? Wie gut geht dieser auf? Und wird das Brot beim Backen damit genauso luftig und die Kruste so knusprig wie gewünscht?
Die Backqualität wird primär auf dem Feld gemacht.
«Ein Weizen muss extrem viel können, bis er zu Backmehl werden kann», sagt Städeli. Denn die verschiedenen Weizensorten werden hier nicht nur nach ihrem Gehalt an Proteinen, Stärke und Ballaststoffen bewertet, sondern auch, wie gut sie sich auf dem Acker bei Wind und Wetter bewähren. Die Sorte muss auf dem Feld krankheitsresistent sein, immer mehr mit trockenen Sommern zurechtkommen und gute Erträge liefern. «Die Backqualität wird primär auf dem Feld gemacht», erklärt Städeli.
«Als ich die Lehre zum Bäcker-Konditor machte, hiess es noch, dass in der Schweiz kein Weizen angebaut werden könne, der den hiesigen Bedürfnissen entspreche», erzählt Städeli, der später Lebensmittelwissenschaften studierte. Die Qualität hätte höchstens für flache, dunkle Brote gereicht. Deshalb wurde bis vor 30 Jahren der Weizen fast komplett aus den USA und Kanada importiert. Dank der Forschung von Agroscope, dem Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung, konnte Schweizer Getreide gezüchtet werden, das auf die örtlichen klimatischen Bedingungen angepasst ist. Jede dieser Sorte ist übrigens nach einem Schweizer Berg benannt: Piznair, Titlis, Zinal … Gemeinsam mit IP-Suisse legt die Migros den Sortenmix fest, der hierzulande angebaut wird. Die Migros verarbeitet zu 100 Prozent Schweizer Weizen und einen Drittel der gesamten Schweizer Weizenproduktion.
Eine Herausforderung: Es braucht immer neue Weizensorten. Denn mit der Zeit «wachsen sie raus», wie Städeli sagt, und er meint damit, dass sie anfällig auf Krankheiten werden, mit trockeneren Sommern nicht zurechtkommen oder immer weniger Ertrag liefern. Die einen Sorten fallen deshalb schon nach 6, 7 Jahren wieder aus der empfohlenen Sortenliste, andere halten sich 25 Jahre oder sogar länger. Pro Jahr werden im Durchschnitt etwa 250 neue Weizensorten geprüft, und über 120 sind aktuell für den Anbau freigegeben.

Die Migros gestaltet diesen Katalog massgeblich mit. «Unser Labor gibt es seit über 50 Jahren. Und weil wir in der ganzen Wertschöpfungskette tätig sind, ist die Akzeptanz der Migros in der Branche sehr hoch», so Städeli. Entsprechend sieht der Arbeitsalltag von Städeli sehr unterschiedlich aus. An manchen Tagen trifft man ihn in grünen Gummistiefeln auf einem Bauernhof an, wo er vor Ort schaut, wie eine Sorte gedeiht. «Die Nähe zu den Landwirtinnen und Landwirten ist für unsere Arbeit matchentscheidend», sagt er. An wieder anderen Tagen steht er in Volketswil im Labor und bespricht mit seinen Mitarbeitenden die Analysen. Oder er nimmt an Tests der Sensorikabteilung ein Stockwerk weiter oben teil, wo das Mehl und die Backwaren auf Aussehen, Geruch und Geschmack geprüft werden. Und manchmal sieht man ihn auch an der ETH, wo er sich mit Laura Nyström austauscht. Zusammen mit der ETH verfolgt die Migros verschiedene Forschungsprojekte, zum Beispiel, wie der Ballaststoffgehalt im Weissmehl erhöht werden könnte.
Die Arbeit geht auch Städeli und seinem Team im Mehllabor nicht aus. Für die 3500 Produkte, die in den Migros-Bäckereien gebacken werden, braucht es 300 bis 400 verschiedene Mehlqualitäten. Ein caramelisiertes, flaches Prussien hat andere Anforderungen an ein Mehl als ein knuspriger, voluminöser Krustenkranz. Für ein flaches Guetzli muss der Anteil an Protein im Weizen geringer und die Qualität entsprechend angepasst sein, damit sich nicht zu grosse Volumen bilden. Auch die Haushaltsmehle in den Gestellen der Migros, die in den Schweizer Küchen schon bald wieder zu goldigen Mailänderli oder zu frischen Butterzöpfen verbacken werden, bestehen nicht nur aus einer einzigen Weizensorte, sondern sie setzen sich immer aus Mischungen zusammen: Ein Weissmehl enthält zwischen 26 und 30 verschiedene Weizensorten. Und so tüfteln Städeli und sein Team im Migros-Mehllabor heute schon an dem «Blend», also der richtigen Mischung, für das Mehl von in 15 Jahren – mit Weizensorten, die erst in ein paar Jahren auf den Feldern angebaut werden.
Nachhaltigkeit ist Teil unserer Kultur und wir haben noch viel vor. Erfahre mehr darüber in unseren Stories!