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Vater, Mutter, zwei Söhne: Die ganze Familie Osmancevic ist für die Migros tätig. Eine Geschichte über Erfolg, Dankbarkeit und das Leben.
«Unser Ziel war immer, dass die Kinder etwas erreichen. Jeder ihrer Fortschritte fühlt sich für uns wie ein doppelter Erfolg an», sagt Senada Osmancevic, und ihr Mann Zijad lächelt zustimmend. Vater, Mutter, zwei Söhne – eine gewöhnliche Familie mit einer ungewöhnlichen Gemeinsamkeit: Alle vier arbeiten für die Migros.
27 Jahre zuvor: Der Bosnienkrieg ist seit Kurzem vorbei, das Land liegt am Boden, viele Menschen befinden sich in Schockstarre. Zukunftsaussichten? Trübe. So entscheiden sich die Osmancevics 1997 schweren Herzens, ihre Heimat zu verlassen.
Sie kommen in der Schweiz als Flüchtlinge an, leben die ersten Monate in entsprechenden Unterkünften, anfangs in der Romandie, später im Kanton Bern, wo sie auch heute noch wohnen. Der Start ist herausfordernd, sie kennen niemanden, kämpfen sich durch.
Der siebenjährige Demir startet regulär in die erste Klasse, der dreijährige Emir verbringt die Tage mit seiner Mutter zu Hause. Nach zwei Jahren ist die Familie selbständig, kommt für ihren Lebensunterhalt selbst auf, ist nicht mehr auf Hilfe angewiesen.
Vater Zijad, einst Kellner, verdient jetzt das Geld unter anderem als Reinigungskraft. Die Geschichte der Familie ist eine, in der die Hauptfiguren ganz unten beginnen und sich hocharbeiten.
Was hocharbeiten genau bedeutet, erzählen die vier im Büro des jüngeren Sohnes in der Migros-Filiale an der Baselstrasse in Solothurn. Hier ist Emir Osmancevic seit 2023 Filialleiter. Es ist bereits seine zweite Leitungsposition. Er habe seinem grossen Bruder nachgeeifert, sagt der 30-Jährige in breitem Berndeutsch.
Tatsächlich kam Demir Osmancevic als Erster der Familie zur Migros. Mit 15 machte er die zweijährige Lehre in Lyss und hängte für das Fähigkeitszeugnis zwei weitere Jahre an. Danach wechselte er nach Brügg, wurde innert kurzer Zeit stellvertretender Teamleiter.
Er spürte, dass er gut ist in diesem Job, Spass an der Verantwortung und an seinem Team hat. Es folgten interne und externe Aus- und Weiterbildungen sowie diverse Stationen beim orangen M. Bis vor Kurzem leitete er den Migros-Supermarkt Bielerhof in Biel mit 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
2024 wagte er dann den Schritt in die Selbständigkeit und übernahm als Geschäftsführer die Voi-Filiale in Brügg. Das bringt noch mehr Pflichten mit sich, aber auch mehr Freiheiten.
«Wenn etwas nicht klappt, bin ich allein verantwortlich. Andererseits geniesse ich es, mir meine Tage freier einteilen zu können», sagt er.
Wenn mein Bruder das kann, dann kann ich das auch.
Der jüngere Bruder legt einen ähnlichen Weg zurück. Nach der Ausbildung bei Denner wechselt er zur Migros. Der Ehrgeiz packt ihn, er legt sich ins Zeug.
Mit 29 Jahren wird schliesslich auch er Filialleiter. «Wenn mein Bruder das kann, dann kann ich das auch», habe er gedacht. Damals ist er bereits zweifacher Vater und trägt nicht nur im Job, sondern auch zu Hause grosse Verantwortung.
Die Familie Osmancevic ist ein eingeschworenes Team. Das liegt auch daran, dass sie keine weiteren Verwandten in der Schweiz haben und die Beziehung zueinander umso mehr pflegen. «Das ist für uns selbstverständlich», sind sie sich einig. Sie wohnen auch im gleichen Haus, benutzen aber separate Eingänge. Man müsse es ja nicht überstrapazieren.
Wichtige Entscheidungen besprechen sie immer zu viert. Etwa, ob nach den Söhnen auch die Eltern Stellen bei der Migros annehmen sollen. Die positiven Erfahrungen der Jungen überzeugten zuerst den Vater.
Ende 2025 steht bereits sein zehnjähriges Jubiläum als Mitarbeiter in Zuchwil an. Er steht morgens gerne auf, mag seinen Job in der Food-Abteilung, sein Team, seine Aufgaben.
Auf die Frage, ob er sich bis zur Pension in der Migros sieht, lacht er und antwortet: «Oh ja, es gibt noch viel Arbeit, die erledigt werden muss.»
Für Senada Osmancevic war es rückblickend nur eine Frage der Zeit, bis auch sie in die Migros-Uniform steigen würde. Vor drei Jahren hatte sie in Münchenbuchsee ihren ersten Tag an der Kasse. Wenn man sie erlebt, weiss man sofort: Das passt zu ihr.
Sie ist kommunikativ, mag Spässchen, lacht herzhaft. Sie liebt vor allem die Arbeit mit den Menschen, merkt, wenn einer ihrer Stammkunden fehlt und fragt sich dann, ob wohl alles in Ordnung sei.
Besonders am Herzen liegen ihr die älteren Leute. «Wenn ich ihnen eine Freude machen kann, bin auch ich glücklich», sagt sie.
Vier verschiedene Filialen, vier Mal Migros-Themen im Überfluss: «Manchmal müssen wir schon aufpassen, dass sich nicht auch in der Freizeit alles um die Arbeit dreht», sagt Demir Osmancevic.
Seine Mutter sei es dann, die sage ‹Fertig jetzt, ich will auch mal über etwas anderes sprechen!› Auch räumlicher Abstand zum Job tut gut. Die beiden Söhne sind begeisterte Fussballfans, schauen Spiele auch im Ausland, gerne in Verbindung mit kurzen Städtereisen.
Vater Zijad zieht es eher ans Wasser. Er verbringt Zeit auf dem Bielersee auf seinem kleinen Boot oder geht mit seiner Frau ans Meer, etwa nach Griechenland, in die Türkei oder nach Ägypten. Sie hingegen – da sind sich alle drei Männer einig – hat vor allem ein grosses Hobby: ihre Enkel.
Es scheint, als hätten sich die vier ihr Leben wunderbar eingerichtet. Sie sind zufrieden mit dem, was sie haben und wünschen sich für die Zukunft vor allem eines: Gesundheit.
Natürlich sind die Söhne auch weiterhin ambitioniert, wollen beruflich weiterkommen und später für die Eltern sorgen. «Wir könnten ihnen die Welt kaufen und es wäre noch immer nicht genug als Dank für alles, was sie für uns getan haben», sagt Demir Osmancevic, und sein Bruder Emir nickt.
Entdecke spannende Geschichten rund um die Migros, unser Engagement und die Menschen dahinter. Weiter stehen wir dir mit praktischen Tipps und Tricks für den Alltag zur Seite.