
Migros-Kulturprozent
Trotz schwerer Krankheit Journalistin
Nicole Haas arbeitet trotz Behinderung als Reporterin – dank einem Projekt, das von der Migros gefördert wird.
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Migros-Kulturprozent
Martin Fröst ist einer der bedeutendsten Klarinettisten unserer Zeit und einer der mutigsten dazu. Vor seiner Tournee mit den Migros-Kulturprozent-Classics hat er erzählt, warum er überraschen möchte.
Martin Fröst, Sie spielen seit Ihrem neunten Lebensjahr Klarinette. Können Sie sich ein Leben ohne Musik vorstellen?
Nein, und ich fürchte mich davor. Ich leider an der Menière-Krankheit. Die Folge davon sind phasenweise starke Schwindelanfälle und Hörprobleme. Manchmal muss ich Konzerte absagen und Angst haben, mein Gehör zu verlieren. Aber nach jedem Schub, den ich überstanden habe, bin ich umso dankbarer, dass ich weiterspielen kann.
Sie haben die Art, klassische Musik zu spielen, quasi neu erfunden. Brechen Sie gern aus alten Mustern aus?
Neu erfunden habe ich höchstens das Klarinettenspiel. Ich möchte einfach anders an die Werke herangehen.
Sie gehen aber noch viel weiter, indem Sie auch Lichteffekte und Tanzeinlagen in Ihre Auftritte integrieren.
Das stimmt. Seit 30 Jahren versuche ich, frischen Wind in die Welt der Klassik zu bringen, und es gelingt mir wohl recht gut. Ich glaube jedoch nicht, dass das traditionelle Konzert aussterben wird; vielmehr sehe ich Raum für andere Formate.
Haben Sie nie die Sorge, das traditionelle Klassikpublikum mit Ihren Inszenierungen zu verlieren?
Den meisten Menschen gefällt es, wenn sie überrascht werden. Am Ende unserer Auftritte wissen sie nicht mehr, was sie am meisten berührt hat: das Cello-Solo, der Tanz oder das rezitierte Gedicht. Alles verschmilzt miteinander. Aber ich breche nicht leichtfertig mit den Konventionen. Hinter jedem meiner Projekte steht eine Geschichte – und die erzähle ich auf der Bühne.
Zum Beispiel?
Nehmen wir das Projekt DNA (Dance Now Always), inspiriert von Beethovens 7. Symphonie. Der erste Teil dieses Projekts soll die Komponisten vorstellen, die ihn beeinflusst haben. Die Musik greift dabei Passagen von Händel, Mozart und Bach auf. Wir zeigen aber auch, wie Beethoven mit seiner charakteristischen Rhythmik die Musikgeschichte geprägt und Strukturen geschaffen hat, die man heute bei Kraftwerk oder Daft Punk wiederfindet. Das alles kann man hören in der Komposition «Mirrors», die wir an den Migros-Kulturprozent-Classics-Konzerten Ende November an vier Orten aufführen werden.
Man stelle sich vor: Mozart und Beethoven wären noch am Leben und würden dieses Werk hören. Was würden sie wohl sagen?
Ich denke, Beethoven würde interessiert zuhören. Mozart wäre wohl eher schockiert: Den ihm gewidmeten Teil fände er wahrscheinlich gut, den Rest eher nicht. Wissen Sie, ich habe das Gefühl, Mozart so gut zu kennen, dass er die ganze Zeit zu mir spricht. Wenn ich sein Konzert spiele, glaube ich sogar, ihn sagen zu hören: «Ja, so muss man es spielen.»
Sie sind nicht nur Solist, sondern auch Dirigent und Komponist. Was machen sie am liebsten?
Spielen. Denn so kann ich Musik entstehen lassen und eine Botschaft vermitteln. Wenn ich weiterhin auf meinem Niveau spielen möchte, muss ich täglich üben – deshalb kann ich die Klarinette nicht vernachlässigen. Ich dirigiere daher nur gelegentlich.
Auf Ihrer Tournee werden Sie auch das Stück «Nomadic Dances» aufführen, das Sie gemeinsam mit Ihrem Bruder Göran, der Bratschist ist, komponiert haben. Wie komponiert man gemeinsam?
Normalerweise stelle ich Ideen vor, und mein Bruder entwickelt sie weiter und setzt sie um. Er ist ein viel besserer Komponist als ich.
Bleiben wir bei der Familie. Sie spielen auf der ganzen Welt, doch Ihre Frau und Ihre beiden Kinder leben in Stockholm. Lässt sich unter solchen Bedingungen ein Familienleben führen?
Es gab schwierige Zeiten für alle, das stimmt. Glücklicherweise konnten wir gemeinsam durch die USA, Australien und Europa touren. Meine Kinder waren oft mit mir hinter der Bühne. Bin ich beim Festival in Verbier, gehe ich mit ihnen wandern. Zeit mit meiner Familie zu verbringen, bedeutet mir viel – und ich hetze nicht mehr wie früher von Konzert zu Konzert.
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