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Frische Gemüse liegen in Kisten für den Transport bereit

Supermarkt

Hier werden jeden Tag über 2000 Kilo frische Zucchetti sortiert

Leere Regale sind hier erwünscht: Ein Besuch im Verteilzentrum der Migros Aare, wo Gemüse und Früchte so schnell wie möglich in die Migros-Filiale gelangen sollen.

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Dinah Leuenberger
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Franziska Frutiger
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Was wir tun

Wie viele Früchte und Gemüse gibt es im Sortiment der Migros? Ganze 800 verschiedene sind es, je nach Saison verteilt übers ganze Jahr. Man kann also sagen, dass Jakob Wolf ein Frische-Virtuose ist. Denn als Warenspezialist muss er all diese Sorten kennen und überprüfen, sobald sie morgens im Verteilzentrum Schönbühl angeliefert werden.

Wolf probiert Anfang Saison, ob ein Produkt schon genügend Geschmack hat, und entscheidet Ende Saison, wann damit Schluss ist. Im Frühling, wenn fast 500 frische Produkte gleichzeitig im Sortiment sind, kommen da einige wichtige Entscheidungen zusammen.


Beeren sind besonders heikel

Sobald ein Lastwagen sein Inneres preisgibt, wie an diesem frühen Freitagmorgen im März, kommt Wolf mit Wägeli, Scanner und Tablet vorbei und nimmt sich die Harassen vor: Haben die Broccoli-Köpfe die richtige Farbe? Entsprechen die Kartoffeln der definierten Grösse?

Für jedes Produkt gibt es einen Katalog an Merkmalen, die es erfüllen muss. Das diffizilste Früchtchen im Sortiment? «Klar die Erdbeere. Generell sind Beeren heikel. Sie leiden schnell an Druckstellen und sind nur während einer kurzen Phase richtig reif.» Bei jedem Produkt muss Wolf begutachten, wie es heute aussieht.

Jakob Wolf scannt die Produkte und prüft, ob sie genug reif sind
Jakob Wolf scannt die Produkte und prüft, ob sie genug reif sind. © Franziska Frutiger

Aber er muss auch in die Zukunft blicken: Werden die Früchte auch nach einem Tag Supermarkt und zwei Tagen im Kühlschrank zu Hause bei den Kunden noch den besten Geschmack haben?

Er steht darum auch ständig in Kontakt mit dem Personal in allen Filialen der Genossenschaft Aare, und lässt ihre Beobachtungen in seine Bewertung einfliessen.


Ein wilder Ritt für Broccoli, Tomaten und Äpfel

Die vielen Tomaten, die Wolf an diesem Morgen prüft – sie heissen Murice, Merinda oder Ochsenherz –, können sich glücklich schätzen: Denn er ist zufrieden mit seinen Stichproben und gibt die Kisten frei.

Weil es vom einen bis zum anderen Ende über 3000 Schritte sind, nehmen die Harassen und Kisten voller Früchte und Gemüse auf Paletten Platz.

«Ab diesem Zeitpunkt sind wir fast wie ein Europa-Park für Migros-Produkte», schmunzelt Heinz Kaderli, der in Schönbühl für die Frische-Logistik zuständig ist, also dafür, dass alle Früchte und Gemüse zur richtigen Zeit in der richtigen Filiale ankommen.

Die Tomaten können mal zuvorderst und mal zuhinterst sein, einfach dort, wo es gerade Platz hat. Das tönt nach Chaos, hat aber System.

Heinz Kaderli, ist in Schönbühl für die Frische-Logistik zuständig

Mal transportiert ein Gabelstapler die Paletten – pro Tag sind es 4000 bis 6000 – mit flinksten Bewegungen vom Lastwagen zum ersten Zwischenstopp. Oder sie tuckern auf einem Förderband von Bereich zu Bereich.

Manchmal dauert es vom Eintreffen bis zum Aufbruch der Produkte nur eine Stunde, manchmal etwa einen Tag. Lange in Schönbühl bleiben sollen sie nie. Kaderli ist darum am zufriedensten, wenn seine Regale schnell wieder leer sind. «Denn das bedeutet, dass wir die Ware so frisch wie möglich ausgeliefert haben.»


Chaos mit System

Wenn die Lieferung in die Filiale erst später stattfindet, haben die Produkte kurz Pause. Dazu schiesst sie ein Lift in schwindelerregendem Tempo in die Höhe und parkiert sie. Das passiert «vollchaotisch», wie es im Fachjargon heisst.

«Es bedeutet nichts anderes, als dass die Tomaten mal zuvorderst und mal zuhinterst sein können, einfach dort, wo es gerade Platz hat. Das tönt nach Chaos, hat aber System», erklärt Kaderli den Begriff.

Die Anlagen sortieren Gemüse und Früchte vollautomatisch.
Die Anlagen sortieren Gemüse und Früchte vollautomatisch. © Franziska Frutiger

Dem Zufall wird tatsächlich wenig überlassen in Schönbühl. Die ganzen Anlagen und Maschinen laufen automatisch. Jene für die gekühlten Produkte ist seit dem vergangenen Jahr im Einsatz und läuft ganz ohne Handarbeit.

Bei den Früchten und Gemüsen gibts noch Handgriffe, vor allem, weil die Produkte in unterschiedlichen Behältern geliefert werden; mal in Harassen, mal in Kisten aus Karton oder Holz.


Tetris auf der Palette

Einige hundert Mal am Tag leuchtet eine Warnlampe und meldet eine Störung auf den Anlagen. Das ist aber kein Grund zur Sorge, beruhigt Kaderli. «Die meisten sind binnen Sekunden gelöst. Wenn zum Beispiel eine Verpackung aus der Kiste lugt und den Strichcode verdeckt.»

Das ist gerade heikel, wenn die Palette am Selfie-Spot vorbeikommt. Dort nimmt eine Kamera die Produkte auf und scannt den Strichcode, der jeder Harasse zugeteilt ist. So weiss die ganze Anlage jederzeit, wo sich welches Produkt gerade befindet.

Nach einer kurzen Verschnaufpause auf dem Parkplatz in den hohen Regalen heisst es für die Harassen bald schon wieder: Aufbruch. Denn sobald die Lieferung für eine Filiale ansteht, gesellen sich die kleinen Kisten mit Früchten und Gemüsen auf eine neue Palette.

Weil zum Beispiel die Filiale Grenchen eine Harasse Mango, drei Harassen Broccoli, fünf Harassen Kartoffeln und zehn Kisten Äpfel bestellt hat, entsteht auf der Palette ein wilder Mix, man sagt diesem Vorgang auch Komissionierung.


So reisen gekühlt und ungekühlt zusammen

Die meisten Filialen bekommen pro Tag eine Lieferung aus Schönbühl, bei grossen können es mehr sein. Aber wie geht das eigentlich, wenn in einem Lastwagen gekühlte Produkte wie Joghurt oder Mozzarella, und ungekühlte Produkte wie Broccoli und Tomaten drin sein sollen?

Kaderli zeigt an einer Rampe mit parkiertem Lkw den Trick: Zuerst kommen die Paletten mit kalten Produkten hinein. Dann kommen die restlichen Paletten mit Früchten und Gemüsen hinein.

Die Ware ist bereit für den Verlad in den Lastwagen
Jetzt heisst es, in den Lastwagen einladen. © Franziska Frutiger


Dazwischen sorgt eine Isolierwand dafür, dass das Kalte kalt bleibt und das Temperierte temperiert. So kommen der Broccolikopf, die Merinda-Tomate und der Braeburn-Apfel wenig später in der Filiale an.

Der Broccoli mit verwuscheltem Schopf, die Tomate mit rotem Kopf und der Apfel leicht säuerlich, aber allesamt erfrischt, wie es sich nach einem actionreichen Tag im Europa-Park für Migros-Produkte gehört.

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