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Mehr Zeit für sich selbst: Warum ein Chef seinen Posten freiwillig einem Jüngeren überlässt.
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Was es alles braucht, damit die Erdbeer-Glace immer gut schmeckt, immer gleich aussieht und kein Bauchweh macht. Unser Redaktor findets heraus.
«Hm, gar nicht kalt hier…», denke ich, als ich die Glace-Produktion der Delica in Meilen betrete. Mit Haarnetz auf dem Kopf laufe ich an den dröhnenden Abfüll- und Verpackungsmaschinen vorbei. Hier in der Halle im ersten Stock entsteht unter anderem die kultige Erdbeer-Rahmglace mit dem Affen. Heute wird es mit der Seehund-Glace im Doppelpack produziert: circa 24 000 Stängeliglacen pro Stunde.
Ich treffe Schichtleiter Dominik Wechtitsch, der die Qualität in der Fertigung überwacht. Er führt mich an den Anfang einer Anlage. Dort rotiert eine Drehscheibe mit Hohlformen. Über Rohre gelangt der cremige Glace-Mix von Tanks in die Formen. Beim Rotieren wird die Masse abgekühlt und mit Holzstängeln versehen. «Sitzen die Stängel nur leicht schief, kann die Maschine die Glacen nicht greifen», sagt Wechtitsch. Fehlerhafte Produkte werden von Hand entfernt.
Mehr zu tun hat sein Team, wenn Holzstängel zersplittern. «Dann müssen wir die Anlage sofort stoppen und die Drehscheibe komplett reinigen.»
Welche Glace die Anlagen produzieren, kann sich von Tag zu Tag ändern – und damit auch der verwendete Glace-Mix. Um zu verhindern, dass Allergene und Aromen in andere Produkte gelangen, werden die Rohre nach jeder Umstellung aufwendig gereinigt.
Wir fahren mit dem Lift ins Erdgeschoss. Dominik Wechtitsch will mir den Raum zeigen, wo der Mix für die Glacen entsteht. «Oft ein bis zwei Tage im Voraus.» Vor dem Zutritt müssen wir, wie fast überall, die Hände gründlich waschen und desinfizieren. Ein Mitarbeiter schüttet gerade Zucker in einen Kessel mit Rührwerk – der Mix für einen anderen Tag. Die Grundzutaten für die Erdbeer-Glace: Rohmilch, Rahm, Zucker, Erdbeerpüree und Schokolade.
Gegenüber dem Kessel steht ein grosser zylindrischer Tank aus Edelstahl. «Im Pasteur erhitzen wir die Glace für 25 Sekunden auf 83 Grad, um krankmachende Keime abzutöten», erklärt Wechtitsch. Die Maschine wird permanent überwacht, um schon kleinste Defekte auszuschliessen.
Wechtitsch deutet auf eine Schleuse, die zu einem anderen Bereich führt: der Hochhygienezone. «Dort lagern wir die fertigen Mischungen.» Zur Weiterverarbeitung werden sie später durch die Rohre ein Stockwerk höher gepumpt – ganz ohne menschlichen Kontakt. In der Zone gelten die strengsten Vorschriften für die Sauberkeit. Nur geschultes Personal ist hier zugelassen. Ich muss draussen bleiben.
Wir verlassen die Hygienezone und gelangen über einen Korridor zur Logistik. Bis zu 25 Tonnen Rohmilch werden hier pro Tag angeliefert, dazu zehn Tonnen Rahm. Das Erdbeerpüree und den Kakao für die Glasur bezieht Delica als Halbfabrikate von der Migros Industrie.
Verantwortlich für die Warenannahme und -einlagerung ist Herolind Dinolli. Der Logistik-Teamleiter macht mit seinen drei Mitarbeitern auch die fertigen Glacen für den Abtransport parat. «Komm, ich zeige dir, wo wir die Ware herholen.»
Mit dem Lift gehts nochmals ein Stockwerk tiefer. Beim Betreten der Lagerhalle schlägt uns eisige Luft entgegen: -28 Grad. In Regalen oder auf Paletten stapeln sich Tausende Kartons mit diversen Sorten. «Die Glacen müssen einige Stunden durchhärten», sagt Dinolli. Zum Glück sind wir schnell wieder draussen.
Für den Verlad der Ware gibts ein strenges Protokoll. 30 Minuten haben Dinollis Leute Zeit, um die Glacen aus der Lagerhalle zum Warenausgang zu bringen und in den Lastwagen zu packen. Vor dem Verlad messen sie die Temperatur im Fahrzeug: Der Transport erfolgt nur bei -18 Grad. «Die Einhaltung der Kühlkette hat oberste Priorität.»
Zurück in die Fabrik im ersten Stock. Ich stehe jetzt auf der anderen Seite der Glace-Anlage und sehe zu, wie Mitarbeiterinnen die fertig verpackten Stängeli in Kartons legen. Ist eine Verpackung defekt, sortieren sie die Glace aus.
Auf dem nächsten Förderband durchlaufen die Kartons zwei Tests: Eine Waage prüft, ob sie das Standardgewicht erreichen, ein Metalldetektor, ob sie frei von Fremdkörpern sind. Ansonsten werden die Kartons ausgeschleust – bei Metallfunden sogar isoliert. Einwandfreie Ware fährt direkt ins Tiefkühllager.
Neben der Glace-Anlage steht ein Gerät, das mich an einen rollbaren Bancomaten erinnert. «Unsere digitale Fabrik», sagt Dominik Wechtitsch. Sie hilft seinen Mitarbeitenden bei den regelmässigen Stichproben. «Es gibt genaue Vorgaben, wie die Stängeliglacen aussen und innen auszusehen haben.» Kleine Bläschen im Schoggi-Überzug sind erlaubt, grössere nicht. Mittels Checkliste werden alle Vorgaben kontrolliert und deren Einhaltung dokumentiert. Fehlerhafte Produkte kommen so gar nicht erst zur Kundschaft.
Den Geschmack kontrollieren die Mitarbeitenden am Förderband. Mehrmals pro Schicht, wie Wechtitsch versichert. Schmecken die Glacen wie immer? Sind sie schön cremig? Knackt die Glasur, wenn man reinbeisst? Gerade probiert eine Mitarbeiterin eine Erdbeer-Rahmglace: «tipptopp!»
Die letzte Station führt mich ins hauseigene Labor im zweiten Stock. Hier wird alles analysiert, von den Rohstoffen bis zu den fertigen Glacen. Neben hygienischen Aspekten geht es dabei auch um andere Lebensmittelstandards – ob eine Glace-Masse zum Beispiel den gesetzlich vorgegebenen Fettgehalt erreicht, erklärt die stellvertretende Laborleiterin Nora Migliazza. «Falls nicht, müssten wir bei der Produktion Rahm zugeben.»
Ein malziger Geruch steigt mir in die Nase. «Das kommt vom Agar-Agar in der Petrischale.» Das Geliermittel dient als Nährboden für Bakterien. Bei Verunreinigungen in der Stichprobe würden darauf punktartige Mikroorganismen wachsen – ein Hinweis auf krankmachende Darmbakterien.
Inzwischen hat sich Raphaël Rossier zu uns gesellt. Er leitet die Qualitätssicherung in Meilen. «Stellen wir eine Verunreinigung fest, grenzen wir den Zeitraum ein, in dem das Problem aufgetreten sein muss.» Dies ist möglich, weil jeder Abschnitt der Produktion genau dokumentiert wird. So lässt sich die betroffene Charge schnell ermitteln und entfernen. Dann würden weitere Analysen folgen. «Es kommt aber höchst selten zu Verunreinigungen in der Produktion.»
Langsam raucht mir der Kopf von all den Informationen. Raphaël Rossier begleitet mich nach draussen. Als Wegzehrung drückt er mir noch eine Erdbeer-Glace in die Hand. Endlich darf ich eine essen.
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