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Was fürs Klima die beste Wahl ist, erklärt Jörg Schumacher, Verantwortlicher Nachhaltigkeit Frische.
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Renaturierung
Auen sind so etwas wie die Regenwälder der Schweiz. Doch 90 Prozent dieser einzigartigen Lebensräume sind bereits verschwunden. Das Beispiel Bever GR zeigt, was eine Renaturierung bringt. Dazu stellen wir dir vier weitere Ausflugsziele vor.
Manche sprechen einfach von einem ungezähmten Flussgebiet. Doch diese vom Wasser geprägten Landschaften haben einen eigenen Namen: Auen. «Sie sind die artenreichsten Lebensräume der Schweiz, quasi unsere Regenwälder», sagt Urs Tester, Abteilungsleiter Biotope und Arten bei Pro Natura Schweiz. «Hier finden die Hälfte aller Pflanzenarten und über 80 Prozent unserer heimischen Tierarten ein Zuhause.»
Doch seit 1850 wurden rund 90 Prozent der Auen verbaut oder durch Kiesentnahme weggegraben. Heute stehen sie auf der Roten Liste der bedrohten Lebensräume der Schweiz.
Dabei bergen Auen ein enormes ökologisches Potenzial: Sie filtern Wasser zu Trinkwasser, bilden einen Hotspot der Biodiversität und bieten Menschen Erholung und mit etwas Glück einen Blick auf Eisvogel, Biber oder Ringelnatter. Angesichts des Klimawandels kommt Auen eine weitere wichtige Funktion zu: «Sie gleichen Starkniederschläge und Dürreperioden aus, da sie das Wasser durch ihre Beschaffenheit im Untergrund speichern können, und sie bilden für Tiere ein überlebenswichtiges Wandernetz», sagt Tester.
Im Engadiner Dorf Bever haben die Menschen das ökologische Potenzial erkannt. Statt für 700 000 Franken alte Dämme zu sanieren, entschied sich die Bevölkerung des 600-Seelen-Orts für die Aufwertung der 2,3 Kilometer langen Flusslandschaft. Kostenpunkt: 10 Millionen Franken. Statt 20 Meter ist der Inn wieder bis zu 210 Meter breit und gestaltet durch den Wechsel von Hoch- und Tiefwasser ständig neue Uferlandschaften und Kiesbänke.
«Während der Bauarbeiten hatten wir ein im Schnitt alle 30 Jahre vorkommendes Hochwasser», erzählt der Gemeindepräsident Fadri Guidon. Der Hochwasserschutz habe perfekt funktioniert. Seither wuchsen Äschen- und Bachforellenpopulation, Flussregenpfeifer und Flussuferläufer brüteten, und sogar ein seltener Iltis und der Biber wurden gesichtet.
Die Innauen sind von nationaler Bedeutung und zählen heute zum touristischen Angebot im Oberengadin. Vor Ort lädt ein Bistro zur Stärkung, und bereits ab Sommer 2024 kann man sich in Themenhütten über die Auen am Inn informieren. Für später sei auch ein Besucherzentrum geplant, ergänzt Guidon.
Der Bund übernimmt gemäss Gewässerschutzgesetz bei Revitalisierungen 35 bis 80 Prozent. Der Kostenbeitrag hängt unter anderem vom ökologischen Mehrwert ab. Auch die Kantone beteiligen sich. «Zudem unterstützen Stiftungen und Organisationen Projekte mit Fördergeldern», so Gregor Thomas, stellvertretender Sektionsleiter Revitalisierung und Fischerei beim Bundesamt für Umwelt. Das Ziel: 4000 revitalisierte Kilometer Fliessgewässer bis 2090.
«Man kommt bei weitem nicht so rasch voran wie nötig», erklärt Thomas. Oft fehlten in den Gemeinden das Wissen über Fördermittel und Ressourcen für die zeitintensiven Projekte. «Viele Beteiligte, gerade Landbesitzer, muss man mit ins Boot holen», sagt er. Bei Pro Natura weiss man darum: «Wir versuchen, Knöpfe zu lösen, indem wir auf Gemeinden zugehen», sagt Tester. Wo es möglich sei, unterstütze man Gemeinden durch Landkäufe oder finanzielle Beiträge. So in Bever. Letztlich musste das Dorf sogar weniger zahlen als bei einer einfachen Dammsanierung.
Im Gebiet «Chly Rhy» bei Rietheim entdecken Besucherinnen und Besucher besonders viele Auenlebensräume: Weichholzauen, Kiesbänke, Riedwiesen mit Orchideen oder die typischen Weiher. Der Chly Rhy lässt sich am besten auf einem Rundgang erkunden. Der markante Aussichtsturm gewährt einen Überblick über die Landschaft. Ein Picknickplatz mit Brätelstelle und Holzvorrat lädt zum Verweilen ein. Die Aue eignet sich bestens für einen Familienausflug. Der Besuch lässt sich aber auch mit einer Rheinwanderung nach Koblenz verbinden.
Anreise: Im Zug nach Rietheim. Der 15-minütige Fussweg zum Chly Rhy ist gut ausgeschildert. Dort stehen Parkplätze zur Verfügung.
Infos: pronatura-ag.ch
Zwischen Aarberg und Büren bahnt sich die Alte Aare als längstes zusammenhängendes Altwassersystem der Schweiz ihren Weg. Besonders eindrücklich ist der Streckenabschnitt von Lyss BE bis Dotzigen. Hier wird viel Wert auf den Naturschutz gelegt, deshalb gibt es zwar mehrere Wanderwege, aber keine Picknick- oder Brätelstellen. Das Auengebiet eignet sich besonders für Ruhesuchende. Mit etwas Glück zeigen sich auch typische Bewohner wie Eisvogel, Kammmolch, Ringelnatter oder Biber. Die angrenzenden Dörfer bieten zahlreiche Einkehrmöglichkeiten.
Anreise: Im Zug bis Lyss oder Dotzigen, es folgen knapp zehn Gehminuten.
Infos: alte-aare.ch
In Frauenfeld liegt der Murg-Auen-Park. Hier treffen sich Jung und Alt zum Spazieren, Baden und Verweilen. Die Auen eignen sich speziell gut für Familien mit kleinen Kindern, da diese am Flussufer spielen und plantschen können. Für eine ausgedehnte Mittagspause gibts einen Picknickplatz mit Feuerstelle. Einst ein Truppenübungsplatz, bietet der Park heute ein Naherholungsgebiet und ist dazu Lebensraum für zahlreiche bedrohte Arten, die in speziellen Zonen Rückzugsmöglichkeiten finden. 2017 erhielt der Murg-Auen-Park den Schulthess-Gartenpreis des Schweizer Heimatschutzes.
Anreise: Im Zug bis Frauenfeld, dann fünf Gehminuten
Infos: frauenfeld.ch
Bei Flaach ZH mündet die Thur in den Rhein. Hier befindet sich das Naturzentrum Thurauen: Besucherinnen und Besucher erfahren alles zur Renaturierung an der Thur – die grösste Auenlandschaft des Mittellands. Für Familien ist der Erlebnispfad mit Lernspielplatz ein Muss. Die Landschaft selbst liegt 35 Minuten Fussmarsch vom Zentrum entfernt. Hier schlendert man teils auf Holzstegen durchs weitläufige Gebiet. Aussichtsplattformen und Beobachtungshütten gestatten einen Blick auf Eisvögel oder Biber. Erholungszonen laden zum Bräteln ein, und im seichten Wasser amüsieren sich die Kinder bestens.
Anreise: Im Bus (Linie 675) vom Bahnhof Henggart oder Rafz nach Flaach Ziegelhütte, zehn Gehminuten zum Zentrum; Parkplätze hat es beim Naturschutzgebiet und beim Naturzentrum.
Infos: naturzentrum-thurauen.ch
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