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Interview
Wie viele Bioprodukte werden künftig in den Migros-Regalen stehen? Und zu welchem Preis? Darüber diskutieren Bio Suisse Präsident Urs Brändli und Migros-Chef Mario Irminger.
Mario Irminger, die Migros macht zurzeit vor allem Schlagzeilen mit Tiefpreisen und den Eigenmarken. Welchen Stellenwert haben die Bioprodukte in den Migros-Regalen?
Irminger: Einen wichtigen. Die Migros bietet schon seit vielen Jahren Bioprodukte in hoher Qualität an, auch im Tiefpreissegment. Die Bio Suisse Knospe führten wir 2022 ein, aber die Standards haben wir schon vorher erfüllt. Mit dem Label machen wir unser Engagement für Schweizer Rohstoffe und deren Verarbeitung nach Bio Suisse Richtlinien noch sichtbarer.
Urs Brändli, was fällt dem Bio Suisse Präsidenten auf, wenn er in der Migros einkaufen geht?
Brändli: Was ich von vielen höre, ist, dass sie die Bioprodukte nicht mehr so gut finden. Die Migros muss meiner Meinung nach aufpassen, dass sie loyale Biokundschaft nicht verliert.
Verkauft die Migros heute weniger Bioprodukte als früher?
Irminger: Im Gegenteil! Unser Biobereich ist in den vergangenen fünf Jahren um 7,5 Prozent gewachsen. Wir bieten rund 4000 Artikel an, saisonal und je nach Filiale leicht unterschiedlich. Die Knospe tragen derzeit etwa 600 Produkte.
Wird das Angebot an Bioprodukten weiter ausgebaut?
Irminger: Die Migros setzt weiterhin auf Bioprodukte. Wir sehen unsere aktuelle Palette aber als gut abgestimmt auf die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden. Zukünftig möchten wir das Angebot übersichtlicher gestalten.
Brändli: Das kann ich nur unterstützen, gestraffte und übersichtlichere Angebote helfen Bioprodukten, weil sie besser gesehen und gefunden werden.
Die Tiefpreise bei Bioprodukten gehen nicht auf Kosten der Bauern.
20 Bioprodukte der Migros sind zurzeit auch Tiefpreis-Produkte. Darf Bio so billig sein?
Irminger: Ja, das geht. Der Tiefpreis bedeutet, dass ein gleichwertig produziertes Produkt bei der Migros zum gleich tiefen Preis angeboten wird wie bei der Konkurrenz. Wir wollen, dass sich Menschen, unabhängig von ihrem Budget, auch Bio leisten können.
Und wer bezahlt den Preis dafür? Die Bauern?
Irminger: Nein, die tieferen Preise gehen ausdrücklich nicht auf Kosten der Landwirtschaft und der Produzenten. Die Preissenkungen finanzieren wir durch interne Effizienzgewinne oder bessere Preisverhandlungen bei internationalen Markenanbietern.
Wie kommt die Tiefpreis-Strategie bei den Biobauern und -bäuerinnen an?
Brändli: Anfangs nicht gut, aber wir vertrauen darauf, dass die Migros Wort hält und den Preisdruck nicht an die Bauernfamilien weitergibt. Ganz generell habe ich aber Mühe, wenn Lebensmittel immer billiger werden. Sie verlieren damit auch an Wert, die Arbeit dahinter wird nicht mehr gewürdigt. Und sie werden öfter verschwendet. Das ist nicht nachhaltig.
Der Anteil an Biofleischprodukten in der Migros ist nach wie vor nicht sehr gross. Ist die Nachfrage zu gering oder hinkt die Produktion hinterher?
Irminger: Rindfleisch zeigt eine stabile, positive Tendenz, Geflügel hat grosses Potenzial, Schweinefleisch stagniert eher. Entscheidend ist, dass wir die Mengenplanung eng mit den Landwirten abstimmen.
Brändli: Beim Fleisch zeigt sich, dass Konsumenten, die Bio kaufen, tendenziell weniger Fleisch konsumieren. Beim Rindfleisch laufen bereits gemeinsame Projekte mit der Migros und Micarna. Aber es besteht noch viel Potenzial, das wir gemeinsam ausschöpfen wollen.
Das Wichtigste ist aber eben nicht immer, wo etwas her ist, sondern wie es angebaut wurde.
Beim Geflügel ist die Nachfrage teils grösser als das Angebot. Gibt es Pläne, mehr Bio-Poulet anzubieten?
Irminger: Ja, die Nachfrage nach Geflügel steigt. Rund 85 Prozent unseres Geflügels stammen bereits aus der Schweiz. Wir prüfen aktuell, wie wir die Pouletproduktion noch nachhaltiger gestalten können. Das heisst: längere Aufzuchtzeiten, weniger intensive Rassen und mehr Bewegungsfreiheit für die Tiere. Ziel ist, dass Poulet für die Kunden verfügbar bleibt, die Landwirte fair entlöhnt werden und die Produktion ökologisch verantwortbar ist.
Brändli: Für uns ist entscheidend, dass die Landwirte langfristig planen können. Bio-Poulet ist teurer, weil die Tiere doppelt so lange leben und weniger hochgezüchtet sind. Wenn die Nachfrage dafür steigt, kann die Migros das Signal geben: Wir brauchen mehr Bio-Poulet. Für den Detailhandel werden Bio-Poulets immer im Vertrag produziert – nicht zum Nachteil der Biobetriebe übrigens.
Mit Alnatura hat die Migros eine Biolinie im Angebot, die vollständig im Ausland produziert wird und sehr viel günstiger ist als Bio Suisse. Was ist die Strategie dahinter?
Irminger: Bei Frischeprodukten wie Gemüse, Eiern, Milch oder Brot setzen wir klar auf Bio Suisse. Alnatura ist stark bei den verarbeiteten Produkten – die beiden Labels ergänzen sich.
Herr Brändli, was soll ich als Konsumentin eher kaufen, Biogemüse aus dem Ausland oder konventionell angebautes Gemüse aus der Region?
Brändli: Natürlich Biogemüse aus der Region. Ist dieses nicht verfügbar, so hat es wohl auch nicht Saison, und dann wäre es am nachhaltigsten, ganz darauf zu verzichten. Aber das wollen die meisten Leute nicht, und in einem Land, das 50 Prozent der Lebensmittel importiert, geht es auch im Biobereich nicht ohne Importware. Das Wichtigste ist aber eben nicht immer, wo etwas her ist, sondern wie es angebaut wurde. Ich empfehle immer, den gesunden Menschenverstand walten zu lassen.
Irminger: Unser Label «Aus der Region. Für die Region.» wird von den Konsumenten sehr geschätzt, kurze Wege und Nähe sind wichtig. Und es gibt nicht wenige Frischeprodukte, die beides sind, aus der Region und Bio.
Und welches Bioprodukt kaufen Sie selbst am häufigsten?
Irminger: Biomilch und Bioeier, und damit bin ich nicht allein. Milch und Eier gehören seit Jahren zu den meistverkauften Bioprodukten in der Migros.
Und welches ist Ihr Favorit, Herr Brändli?
Brändli: Ganz klar das Biokirschenjoghurt.
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