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Karotten, Tomaten, Äpfel, Trauben und Kohl in Plastikverpackungen.

Fadengerade Fragen an die Migros

Wieso schafft ihr Plastik nicht einfach ab?

Die Welt hat ein Plastikproblem. Und die Schweiz trägt kräftig dazu bei. Warum also werden Gurken – und viele andere Produkte – noch in Plastik verkauft?

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Cilgia Grass, Ringier Brand Studio
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Getty Images
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Interview, Was wir tun

Elf fadengerade Fragen an Hanna Krayer, Senior Projektleiterin Nachhaltigkeit und Plastikexpertin bei der Migros.

1. Frau Krayer, gemäss Bundesamt für Umwelt verbrauchen wir hierzulande rund 125 Kilogramm Kunststoff pro Kopf und Jahr. Das macht total etwa 1 Million Tonnen. Ein Spitzenwert im weltweiten Vergleich – und eine grosse Belastung für die Umwelt. Warum schafft die Migros Plastikverpackungen nicht einfach ab?

Plastik hat Vorteile, auch für die Umwelt. Verpackt man beispielsweise ein Kilogramm Reis in eine dünne Folienverpackung, wiegt das etwa sechs- bis siebenmal weniger, als wenn wir eine Kartonschachtel benutzen. Das wirkt sich beim Transport auf die Emissionen und damit auf den CO2 -Fussabdruck aus.

2. Aber ist es wirklich nötig, Gurken in eine Plastikhülle zu stecken?

(Lacht.) Diese Frage wird häufig gestellt. Gurken haben einen Wasseranteil von rund 95 Prozent. Je länger die Gurke unterwegs ist, desto mehr geht er verloren. Die Plastikfolie erhöht die Haltbarkeit fast um das Fünffache. Über den Daumen gepeilt sprechen wir von drei Tagen Haltbarkeit ohne Plastikfolie gegenüber 15 Tagen mit Plastikfolie.

3. Wird nicht generell zu viel in Plastik verpackt?

Wir versuchen, alles offen zu verkaufen, was geht. Wir haben aber gemerkt, dass wir bei manchen Früchten und Gemüsen einen höheren Food Waste haben, wenn wir sie unverpackt lassen. Neben den Gurken gilt das auch für Broccoli und Salat. Bei allem, was einen grossen Wasseranteil hat und knackig sein muss, bietet Plastik einen wertvollen Schutz. Was sich nachhaltig anfühlt und was auch tatsächlich nachhaltig ist, sind manchmal zwei verschiedene Dinge.

4. Warum gibt es keine besseren Alternativen zu Plastikverpackungen?

Aus Plastik können wir beispielsweise hauchdünne Folien herstellen, die weniger als zehn Gramm wiegen und dabei ein Kilogramm Produkt schützen können. Das Material ist also äusserst effizient und bietet einen hohen Produktschutz. Das ist der Hauptsinn von Verpackungen. Wichtig ist, dass wir Plastik recyceln, auch wenn das nicht einfach ist. Eine PET-Flasche etwa muss anders recycelt werden als eine PE-Milchflasche oder das Polystyrol der Joghurtbecher.

Unser Recycling Guide zeigt, wie du Abfall richtig trennst!

5. In der Schweiz werden pro Jahr 80’000 Tonnen Plastik recycelt. Das entspricht lediglich rund einem Zehntel der verbrauchten Menge. Ginge das nicht besser?

Diese Zahl bezieht sich auf Plastik generell und nicht nur auf Verpackungen. Es fallen also ganz viele Sachen darunter, die nicht bei uns im Sortiment sind. Im Verpackungsbereich haben wir relativ hohe Recyclingquoten. Bei den PET-Getränkeflaschen liegt die Quote bei über 80 Prozent. Bei den PE-Flaschen sind es um die 50 Prozent. Das sind gute Werte.

6. Die Migros hat 2020 als Pilotversuch den Plastiksammelsack lanciert. Das Projekt wird seitdem schrittweise ausgeweitet. Hätte es so was nicht schon viel früher gebraucht?

Solche Fragen stellen sich im Nachhinein immer. Tatsache ist: Die Migros hat als erstes Unternehmen in der Schweiz überhaupt so ein Projekt angestossen. Die Säcke in den Läden aufzulegen und dort Rücknahme-Stationen aufzustellen, ist der kleinste Teil der Arbeit. Der grösste ist, unser Versprechen einzulösen, 70 Prozent des gesammelten Plastiks zu recyceln . Dafür muss zum Beispiel die bestehende Recycling-Infrastruktur in der Schweiz ausgebaut werden. Eine Herausforderung, aber wir geben Gas.

7. Eine Rolle mit 10 Plastiksammelsäcken kostet 9 Franken. Wäre die Erfolgsquote nicht höher, wenn die Säcke gratis wären?

Die Migros investiert viel in dieses neue Recyclingangebot. Sie will damit aber keinen Gewinn erwirtschaften, sondern den Plastikkreislauf schliessen und die Sammlung kostendeckend betreiben. Entsprechend überprüfen wir auch die Kosten für den Migros Plastik-Sammelsack regelmässig. Aktuell ist dieser in der Mehrheit der Schweizer Gemeinden günstiger als der Gebührenkehrichtsack. Recycling funktioniert aber nur dann, wenn wir eine hochwertige Sammlung haben. Das heisst, in unseren Plastiksammelsack gehören nur Plastikverpackungen, jedoch zum Beispiel keine Plastikspielsachen oder Kleider auf Kunststoffbasis.

8. Wie Sie erwähnten, funktioniert das PET-Recycling sehr gut. Aber auch PET ist Plastik und basiert damit auf Erdöl. Wäre ein Pfandsystem mit Glasflaschen nicht sinnvoller?

Vergleicht man die Ökobilanz, schneiden PET-Flaschen viel besser ab als Glasflaschen. Vor allem, wenn sie zu 100 Prozent aus R-PET hergestellt werden, wie etwa unsere Aproz-Flaschen. Glas ist schwer. Je länger es transportiert werden muss, desto problematischer ist es. Das gilt auch für Mehrwegglas bei längeren Transportdistanzen. Dank des M-Checks sieht man, wie umweltfreundlich Verpackungen sind.

Eine Mehrwegschale von reCIRCLE, gefüllt mit Reis, Gemüse und Sauce.
Einfach, bequem, umweltschonend: die Mehrwegschalen von reCIRCLE, die es bei Migros-Take-Aways gibt.© MGB Fotostudio

9. An Ostern hat die Migros erstmals Frey-Schoggihasen in einer 100 Prozent recycelbaren Verpackung verkauft. Sie besteht hauptsächlich aus Kartoffelstärke, die aus dem Abfall der Pommes-frites-Produktion gewonnen wird. Warum wird nicht alles damit verpackt?

Produkte haben unterschiedliche Schutzansprüche. Darum gibt es keine Verpackung, die für alles funktioniert. Unsere Osterhasen-Verpackung ist sehr innovativ, wäre aber für viele andere Produkte ungeeignet. Wir prüfen jedoch, wo sie sich sonst noch verwenden lässt. Bei CoffeeB haben wir übrigens eine ähnliche Verpackung entwickelt. Die Schutzhülle der einzelnen Balls ist gartenkompostierbar. Die Verpackung, in der die Balls verkauft werden, kann mit dem Altkarton entsorgt werden.

10. Viele ärgern sich über das Littering und den Plastikverschleiss durch Take-away-Verpackungen. Tut der Detailhandel genug dagegen?

Die To-Go-Kultur ist da und ein riesiger Kundenwunsch. Und dafür ist auch nicht die Migros alleine verantwortlich. Ich sehe viel Potenzial bei Mehrwegschalen. Wir haben zum Beispiel eine Partnerschaft mit reCIRCLE. Überall, wo es bei der Migros Schöpfgerichte gibt, gibt es diese Mehrwegschalen. Sie können an sehr vielen Orten zurückgegeben werden, auch ausserhalb der Migros. Bei den Migros-Take-Aways kann man sich zudem seinen eigenen Kaffeebecher auffüllen lassen.

11. Wo gibt es bei der Migros – und auch sonst im Detailhandel – bezüglich Plastik noch Luft nach oben?

Meine Wunschvorstellung wäre, dass wir irgendwann in der Zukunft hauptsächlich in Mehrwegverpackungen einkaufen. Und zwar alles, was irgendwie geht. Dafür braucht es aber uns alle. Der Detailhandel kann das nicht alleine realisieren, denn die Kundschaft muss die Mehrwegverpackung auch wieder mitbringen. Wir haben zudem unsere Unverpackt-Stationen für Bio-Lebensmittel ausgebaut – und werden diese noch weiter ausbauen. Jetzt geht es darum, diese auch mehr zu nutzen.

Plastikfreies Einweggeschirr
Wenn es bei einem Fest Einweggeschirr sein soll, dann am besten plastikfreies.© Daniel Winkler Fotografie

Party ohne Plastik

Wer eine Gartenparty oder ein Sommerfest plant, greift gerne mal zu Einweggeschirr. Bei der Migros besteht dieses seit Ende 2020 nicht mehr aus Plastik, sondern auch Karton, Holz, Palmblättern oder Biokunststoff. Pro Jahr lassen sich so 577 Tonnen Plastikabfall vermeiden.

Mehr Infos zu plastikfreiem Einweggeschirr und -besteck

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