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Zucker reduzieren
Bis 2024 sollen die Joghurts der Migros 10 Prozent weniger zugesetzten Zucker enthalten. Marion Paccard vom Entwicklungsteam der Migros-Tochter Elsa tüftelt im Labor daran, dass sie dennoch weiterhin schmecken.
Es gehört zu Marion Paccards Alltag, die Resultate ihrer Arbeit auch gleich auszuprobieren. Die 33-jährige Entwicklungsspezialistin arbeitet im Innovationsteam der Dairy Business Unit bei Elsa, einer Tochterfirma der Migros. In deren Produkteentwicklungslabors in Estavayer-le-Lac FR sucht Paccard nach Wegen, den Zuckeranteil in Joghurts zu reduzieren, ohne dass Qualität, Geschmack und Konsistenz der Produkte darunter leiden.
Und sie ist jeweils die erste, welche die veränderte Rezeptur ausprobiert. «Normalerweise dauert es ein paar Wochen, bis im Labor eine Version entstanden ist, die man einen erweiterten Kreis probieren lassen kann», sagt Paccard. Zuerst degustiert das Labor, dann der Küchenbereich, später das Marketing und weitere Abteilungen – und schliesslich ausgewählte Konsumentinnen und Konsumenten.
In der Regel variiert Paccard die Rezeptur eines Joghurts, in dem sie verschiedene Varianten von Früchtemassen und Bakterienkulturen ausprobiert. Für die zuckerreduzierten M-Classic-Joghurts, die schon bald in den Läden stehen, hat das alles über ein Jahr gedauert. «Die Basis dort ist ein gezuckertes Nature-Joghurt – die Früchte kommen erst später hinzu», erklärt Paccard. Und die Zuckerreduktion beim Nature-Joghurt erfolgte in zwei Schritten, erst um 5, später um 10 Prozent.
«So können wir die Kundschaft graduell an die reduzierte Süsse gewöhnen», sagt Sarah Gaille (31), Produktemanagerin für Joghurt bei der ELSA. Für den Blindtest wurden von einer Agentur rund 120 Leute organisiert, die auch normalerweise oft M-Classic-Joghurts kaufen. «Zu unserer Überraschung kam die Variante mit weniger Zucker bei den Leuten gleich im ersten Anlauf besser an als die süssere Ausgangsversion», berichtet Gaille. «Auch weil der Früchtegeschmack dadurch besser zur Geltung kam.»
Paccard betont, dass lediglich der Zuckerzusatz im Joghurt reduziert werde. Der Gesamtzuckergehalt im M-Classic-Erdbeerjoghurt beträgt nach der Reduktion nun 11 Prozent. 8,2 Prozent davon ist zugesetzter Zucker, der Rest sind natürliche Zuckerarten aus Milch und Erdbeeren, woran sich nichts geändert hat. Als Paccard 2019 mit ihrer Arbeit begonnen hat, betrug der Anteil an zugesetzten Zucker in diesem Joghurt 9,2 Prozent.
Aber Joghurt ist nicht gleich Joghurt. Die Fruchtversionen der M-Classic-Linie können alle nach dem gleichen Modell neu rezeptiert werden. Und Paccard musste in diesem ersten Schritt auch nicht viel mehr tun, als den Zuckerzusatz zu reduzieren. Komplexer wird es für weitere Reduktionen und andere Joghurt-Linien wie Excellence. «Dort dominieren starke Aromen, die sich sehr verändern, wenn wir Zucker rausnehmen – zum Glück haben wir noch bis 2024 Zeit, dafür Lösungen zu finden.»
Manchmal verändert die Zuckerreduktion auch die Konsistenz des Produkts, was Paccard dann irgendwie anders ausgleichen muss. Und das alles immer ohne die Zuckerreduktion mit Hilfe künstlicher Süssstoffe zu kompensieren. «Ziel ist letztlich, dass die Joghurts zwar weniger Zucker enthalten, aber das Esserlebnis sich dabei so wenig verändert, dass die Kundschaft davon gar nichts merkt», sagt Gaille.
Die Migros hat sich wie viele andere Lebensmittel-Grossverteiler in der Erklärung von Mailand dazu verpflichtet, bis 2024 den Zuckeranteil in ihren Joghurts um 10 Prozent zu reduzieren. Doch es gibt gewissen Spielraum für die einzelnen Produkte, denn diese Reduktion bezieht sich auf den Medianwert sämtlicher ELSA-Joghurts. Dieser lag bei 9 Prozent zugesetztem Zucker, 2024 soll er bei 8 Prozent sein.
Auch künftig wird es in der Migros Joghurts geben, deren Zuckeranteil höher ist. Kompensiert wird das durch andere, deren Anteil niedriger ist – etwa die Migros Bio Fruchtjoghurts, die ganz ohne Zuckerzusatz auskommen, dafür einen höheren Fruchtanteil haben. «Die Excellence-Linie hingegen, die eher als Dessert gilt, wird auch in Zukunft mehr als 8 Prozent Zuckerzusatz haben, obwohl wir auch hier reduzieren werden», sagt Gaille. Wer es also richtig süss mag und sich wegen des Zuckers keine Sorgen macht, findet auch das weiterhin im Sortiment.
Für eine Entwicklungsspezialistin wie Marion Paccard ist die Zuckerreduktion eine spannende Herausforderung. «Und etwas, mit dem ich nützliche Erfahrungen sammeln kann.» Denn später sollen auch Getränke und Quarks der ELSA weniger süss werden – da wird das Wissen, was bei Joghurts gut funktioniert hat und was nicht, helfen.
Der übermässige Konsum von Zucker gilt als bedeutende Ursache für viele Krankheiten. Und gerade in vielen verarbeiteten Lebensmittel findet sich teilweise Zucker, der oft gar nicht wahrgenommen wird. 2015 haben sich die grossen Lebensmittelanbieter der Schweiz mit der Erklärung von Mailand dazu verpflichtet, bis 2024 den Zuckeranteil in Joghurts um 10 Prozent und in Frühstückscerealien um 15 Prozent zu reduzieren. Dies wird regelmässig überprüft und soll später noch auf weitere Produkte erweitert werden und neben Zucker auch Salz betreffen.
Auch bei der Zuckerreduktion in Frühstückscerealien macht die Migros Fortschritte. Zwischen 2016 und 2018 hat sie den Anteil an zugesetztem Zucker im gesamten Eigenmarken-Sortiment um 16,7 Prozent gesenkt. Bis Ende 2024 soll der zugesetzte Zucker im Vergleich zu Ende 2018 um weitere 15 Prozent reduziert werden.
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